- Wundversorgung Verbandmittel-Erstattung: „Sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ bleiben bis Dezember 2024 uneingeschränkt erstattungsfähig
Die „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“ sind wie bisher bis Dezember 2024 in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattungsfähig, klärt der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) auf. „Um im Markt bestehende Unsicherheiten bei der Verordnung der sogenannten sonstigen Produkte zur Wundbehandlung zu beseitigen, weisen wir darauf hin, dass diese Produkte bis zum 2. Dezember 2024 wie bisher erstattungsfähig sind. Durch die gesetzlich verlängerte Übergangsfrist ändert sich bis dahin nichts in der Verordnungspraxis“, sagt BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. „Damit hat der Gemeinsame Bundesausschuss in den kommenden Monaten Zeit, mit Vorgaben zum Verfahren und zu den Evidenzanforderungen ein verlässliches und in der Praxis umsetzbares System zu etablieren“, so Möll.
PressemeldungBerlin, 05.12.2023, 100/23
Weiterführende Informationen gibt ein BVMed-Fachsheet zur "Wundversorgung 2024", das unter www.bvmed.de/positionen heruntergeladen werden kann.
Die „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“ werden wie andere Produkte für chronische und schwerheilende Wunden mit dem Risiko oder Anzeichen einer lokalen Infektion verwendet. Für diese Produkte sind für die Erstattung durch die GKV ab Dezember 2024 gesonderte Nutzennachweise beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erforderlich. Erst nach einem positiven Bewertungsverfahren sind sie für Versicherte in der GKV auch über den 2. Dezember 2024 hinaus erstattungsfähig. Diese Regelung gilt seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2019 sowie einer Änderung der Arzneimittel-Richtlinie durch den G-BA Ende 2020.
Eine mehrmals geänderte Übergangsfrist regelt die Verordnung: Bis zum 2. Dezember 2024 können die „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“ wie bisher verordnet und erstattet werden. Der BVMed weist darauf hin, dass dies auch für Hydrogele gilt: Diese sogenannten „nicht formstabilen Zubereitungen“ wurden im Juni 2023 vom G-BA ebenfalls den „sonstigen Produkten zur Wundbehandlung“ zugeordnet. Dazu gehören „halbfeste bis flüssige“ Zubereitungen, beispielsweise Hydrogele, Lösungen oder Emulsionen. Auch diese Produkte müssen ihren Nutzen vor dem G-BA bis zum Ende der Übergangsregelung am 2. Dezember 2024 nachweisen. Bis dahin sind sie weiterhin über die GKV erstattungsfähig. Betroffen von der neuen Regelung sind nach einer Schätzung des BVMed rund 400 Produkte.
Dialog mit dem G-BA erforderlich
Bislang hat der G-BA keine auf die Wundverbände angepassten Evidenzkriterien für die erstattungsrelevanten Nutzennachweise definiert. „Das Mitte des Jahres gesetzlich eingeführte Beratungsrecht beim G-BA ist gut und sinnvoll. Es hat aber bisher noch nicht zu Ergebnissen geführt, da noch die Genehmigung des Bundesgesundheitsministeriums aussteht“, so Möll.
Das Beratungsrecht war im Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) geschaffen worden, mit dem auch die Übergangsregelung nochmals verlängert wurde. „Der G-BA sollte die kommenden Monate nutzen, um im Gespräch mit den Fachgesellschaften, der Ärzteschaft, der Pflege und den Herstellern mit Vorgaben zum Verfahren und zu den Evidenzanforderungen ein verlässliches und in der Praxis auch umsetzbares System zu etablieren“, sagt Möll. Wichtig sei hierfür, dass der G-BA den Herstellern konkrete Beratung zu den Inhalten und Studien anbietet, die für den Nachweis eines therapeutischen Nutzens benötigt werden, insbesondere zu den patient:innenrelevanten Endpunkten.
Praxistaugliche Nutzennachweise nötig
Bei der Nutzenbewertung der Produkte ist strittig, ob beispielsweise bei chronischen Wunden und einem nur zeitlich begrenzt angewendeten Wundverband als sogenannter Endpunkt der vollständige Wundverschluss nötig ist. Eine Umfrage des BVMed auf dem Bremer Wundkongresses im Mai 2023 ergab, dass es 92 Prozent der teilnehmenden Wundfachkräfte in der Therapie von Wunden mit dem Risiko oder Anzeichen einer Infektion zunächst um die Reduktion klinischer Infektionszeichen geht. Auch die Reduktion von Schmerzen und die Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde mit überwiegender Mehrheit angegeben. Die Reduktion der Wundfläche steht demnach bei 58 Prozent im Fokus, die Reduktion der Keimlast in der Wunde bei 55 Prozent. Der komplette Wundverschluss wurden nur von 22 Prozent der Befragten genannt.
„Das jeweilige medizinische Therapieziel in der Wundversorgung und die Erfahrungen aus der Praxis müssen bei der Nutzenbewertung dieser sonstigen Produkte zur Wundbehandlung unbedingt berücksichtigt werden. Denn: Diese Produkte sind nur in bestimmten Phasen der Wundheilung und auch nur für eine begrenzte Zeit zur Behandlung chronischer Wunden anzuwenden. Wird das berücksichtigt, könnte gewährleistet werden, dass die seit Jahren bewährten Produkte auch nach dem 2. Dezember 2024 zur Verfügung stehen“, so BVMed-Ambulantexpertin Miriam Rohloff.
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