- MDR EPSCO-Initiative zur MDR bringt EMA ins Spiel: BVMed für „mehr Harmonisierung durch Zentralisierung“
Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) begrüßt, dass sich nach der Resolution des Europäischen Parlaments vom Oktober 2024 nun auch der Rat in seiner EPSCO-Sitzung am 2./3. Dezember 2024 zur zügigen Verbesserung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) positioniert hat. Das Papier der deutsch-französischen Initiative, das von zahlreichen Mitgliedsstaaten unterstützt wird, enthält „gute Ansätze für die weitere Diskussion von Kommission, Parlament und Rat“, kommentiert BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. „Es ist ein gutes Signal, dass sich Kommission, Parlament, Rat und betroffene Industrie im Ziel einig sind: die Entbürokratisierung der MDR und eine bessere Harmonisierung durch eine zentrale Struktur.“
PressemeldungBerlin, 02.12.2024, 101/24
Bild herunterladen Den Vorschlag der deutsch-französischen Initiative, der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine stärkere Rolle für Medizinprodukte zu geben, hält der BVMed für „eine der möglichen Optionen, wenn sichergestellt wird, dass zusätzliche Prozesse und Kosten verhindert werden“. Wichtiger als die Frage der Ansiedlung der zentralen Struktur seien deren Ausgestaltung, Aufgabenzuteilung, Entscheidungskompetenz und Ressourcen. „Wir brauchen eine zentrale und effiziente Überwachung der Benannten Stellen, um zu mehr Harmonisierung und Verschlankung der Prozesse zu kommen“, so der deutsche Medizintechnik-Verband.
Der BVMed begrüßt zudem die Zielsetzung der deutsch-französischen Initiative, den administrativen Aufwand zu verringern, Innovationen durch ein Fast-Track-Verfahren zu fördern und spezielle Verfahren für Produkte für kleine Patient:innenpopulationen („Orphan Devices“) einzuführen. „Wir müssen aber darauf achten, dass die Änderungen die Prozesse wirklich verschlanken und keine zusätzlichen administrativen Hürden aufbauen. Wir brauchen echte Lösungen, keine Verlagerung von Problemen“, so der BVMed.
Positiv bewertet der BVMed auch, dass die beiden Länder bei den Zertifizierungsverfahren angemessene, transparente und vorhersehbare Fristen fordern. Der BVMed setzt sich weiterhin für die Abschaffung der fünfjährigen Re-Zertifizierungspflicht ein, da dadurch kein Mehrwert für die Patient:innensicherheit erzielt werde.
Resolution des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament forderte in einer am 23. Oktober 2024 verabschiedeten gemeinsamen Resolution aller großen FraktionenExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. eine zügige Überarbeitung und Verbesserung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR).
Das Europäische Parlament fordert in seiner verabschiedeten Resolution unter anderem folgende Punkte:
- Vorlage von delegierten Rechtsakten zur kurzfristigen Verbesserung der Verordnung bis Ende des ersten Quartals 2025; sowie eine umfassende Verbesserung der relevanten Artikel so bald wie möglich;
- Transparente und verbindliche Zeitpläne für die Konformitätsbewertung durch Benannte Stellen, um Planungssicherheit für Hersteller zu erhöhen;
- Transparente Gebühren von Benannten Stellen;
- Abschaffung unnötiger Rezertifizierungen;
- Fast Track Verfahren für Innovationen;
- Spezielle Regeln für „Orphan“ und „Paediatric Medical Devices“;
- Unterstützung für „SME“/KMU.
Der BVMed unterstützt die Forderung der fraktionsübergreifenden Resolution, die Verbesserungen innerhalb der ersten 100 Amtstage der neuen Kommission anzugehen und einen konkreten Vorschlag vorzulegen. „Wir hatten die letzten Jahre Zeit genug zu ausführlichen Analysen. Jetzt liegen konkrete Lösungsvorschläge auf dem Tisch. Es ist Zeit, zu handeln. Wir müssen die MDR-Verbesserungen jetzt rasch und energisch angehen“, so Möll. Die Parlaments-Resolution, die Erwähnung der MDR-Überarbeitung im „Mission Letter“ der wiedergewählten EU-Kommissionspräsidentin sowie die EPSCO-Diskussion Anfang Dezember 2024 seien dafür wichtige Schritte.
5 Punkte des MDR-Whitepapers
Der BVMed hatte in der Vergangenheit – in Anlehnung an das von BVMed und VDGH vorgelegte MDR/IVDR-Whitepaper (www.bvmed.de/whitepaper) – folgende fünf konkrete Maßnahmen vorgeschlagen:
- Effizienzsteigerung: Der Übergang von den vorherigen Richtlinien zur MDR verläuft nach wie vor schleppend. Aktuelle Zahlen zeigen, dass noch nicht einmal ein Drittel aller nötigen Zertifikate in die MDR überführt wurden. Mittlerweile sind bei den Benannten Stellen ausreichend personelle Kapazitäten vorhanden. Nun müssen sie effizienter eingesetzt werden. Dazu gehört die Abschaffung bürokratischer Überregulierung, beispielsweise durch die Vermeidung von redundanten Prüfungen und die Einführung digitaler Lösungen.
- Reform des 5-jährigen Re-Zertifizierungszyklus: Der Lebenszyklus-Ansatz der MDR erhöht die Sicherheit durch kontinuierliche Überwachung in jährlichen Audits und Aktualisierung sowie Überprüfung aller relevanten Inhalte und der Nutzen-Risko-Abwägung. Verschiedene Pflichtberichte werden durch die Benannten Stellen engmaschig überwacht. Die Re-Zertifizierung alle 5 Jahre beinhaltet daher keine neuen Prüfinhalte und kann vor diesem Hintergrund für alle Produktklassen abgeschafft werden – zumal Benannte Stellen jederzeit die Möglichkeit haben, ein Zertifikat zurückzuziehen.
- Ergänzung des derzeitigen Regulierungssystems: In vielen Rechtssystemen existieren Fast-Track-Verfahren (beschleunigte Verfahren) für innovative Produkte sowie Spezialverfahren für sogenannte „Orphan Devices“ und/oder für Nischenprodukte mit nachgewiesener Erfolgsbilanz, bei denen das Standardverfahren für die Konformitätsbewertung aufgrund mangelnder klinischer Nachweise nicht durchführbar ist. Solche Regelungen müssen auch im MDR-System geschaffen werden.
- Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit: Das europäische System mit der CE-Kennzeichnung hat durch die MDR und die damit einhergehenden Probleme massiv an Reputation verloren. Die exportstarke Industrie steht deswegen vor erheblichen Herausforderungen und Zusatzaufwänden. Wir brauchen eine verstärkte Einbindung der EU in das MDSAP-Programm für Qualitäts-Management-Systeme und spezifische gegenseitige Anerkennungen (MRA) ein.
- Zentralisierung: Im jetzigen System gibt es unterschiedliche Verantwortlichkeiten für Produkte, Zertifizierungsverfahren, Benannte Stellen oder die Erstellung von Leitlinien. Die Einrichtung einer zentralen, rechenschaftspflichtigen und verantwortlichen Verwaltungsstruktur für Medizinprodukte mit Entscheidungsfähigkeit auf Systemebene hätte bedeutende Vorteile gegenüber dem derzeitigen System der MDR. Insbesondere in Verbindung mit einer konsequenten Anwendung der Grundsätze guter Verwaltungspraxis
Dr. Marc-Pierre Möll: „Nur mit einer besseren und international wettbewerbsfähigen MDR in Kombination mit einem resilienten und nachhaltigen Wirtschaftsstandort Europa können wir die Versorgung mit Medizinprodukten dauerhaft sicherstellen und den MedTech-Standort Europa stärken.“
Alle Informationen zum Thema können im BVMed-Themenportal unter www.bvmed.de/mdrExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. abgerufen werden.