- NPWT Unterdruck-Wundtherapie Unterdruck-Wundtherapie (NPWT) in der Regelversorgung zur ambulanten Anwendung
Seit dem 1. Oktober 2020 ist die Vakuumversiegelungstherapie zur ambulanten Wundbehandlung in der Regelversorgung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Zuvor war das nur nach Einzelfallprüfung möglich. Daher wurde die Therapie hauptsächlich in Krankenhäusern angewendet.
Artikel
Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 19.12.2019 die Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (MVV-RL): Vakuumversiegelungstherapie von Wunden beschlossen. Der Beschluss sieht vor, dass bei Patient:innen, bei denen aufgrund wund- oder patientenspezifischer Risikofaktoren unter einer Standardwundbehandlung keine ausreichende Heilung zu erwarten ist, die Vakuumversiegelungstherapie von Wunden zu Lasten der Krankenkassen in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden darf. Diese Richtlinienänderung ist am 12.03.2020 in Kraft getreten.(1)
In der Folge wurde der Bewertungsausschuss mit der Einführung von Gebührenordnungspositionen (GOP) zur Vakuumversiegelungstherapie im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) beauftragt. Mit Wirkung zum 01.10.2020 wurden diese GOP beschlossen und in den EBM eingeführt. Sie sehen sowohl die berechenbaren Leistungen als auch die leistungsbezogenen Kostenpauschalen für Sachkosten bei der Vakuumversiegelungstherapie vor.(2)
Diese berechnungsfähigen Leistungen obliegen bestimmten festgelegten Facharztgruppen, die persönlich von der Ärztin / vom Arzt zu erbringen sind. Hierzu gehören die Anlage des Systems, die Einweisung in die Pumpenbedienung im zeitlichen Zusammenhang des operativen Eingriffs sowie das Einstellen der Pumpe. Auch der regelmäßige (Verband-)Wechsel ist entsprechend abrechnungsfähig.(3)
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(1) Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 19.12.2019 komplettExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.
(2) Institut des Bewertungsausschusses (2020). Beschluss der 513. Sitzung am 15. September 2020Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.
(3) G-BA (2020). Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (MVV-RL)Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.
Was ist die Unterdruck-Wundtherapie und wie wirkt sie?
Die Vakuumversiegelungstherapie wird auch als Unterdruck-Wundtherapie oder Negative Pressure Wound Therapy (NPWT) bezeichnet. Die Wunde wird dabei mit einer Klebefolie luftdicht abgeschlossen und über einen Drainageschlauch mit einer elektronisch oder mechanisch gesteuerten Pumpe verbunden, die einen kontrollierten Unterdruck erzeugt. Das Exsudat wird in einem Kanister oder im Verband selbst aufgefangen.
Durch den auf der Wunde direkt entstehenden Unterdruck bzw. Sog wird die Ödembildung reduziert sowie die Durchblutung, als auch die Granulationsbildung gefördert. Durch die Vakuumversiegelungstherapie wird Wundexsudat und infektiöses Material kontinuierlich abgesaugt. Die Wundränder werden zusammengezogen wodurch sich die Wundoberfläche und das Wundvolumen verringern. Durch das geschlossene System wird die Geruchsentwicklung unterbunden und letztlich der Heilungsprozess beschleunigt. Der Verband verbleibt mehrere Tage auf der Wunde, wodurch weniger Verbandwechsel notwendig sind.
Erklärfilm: Die Vakuumversiegelungstherapie in der ambulanten Versorgung
Der BVMed informiert mit dem Erklärfilm über die Vorteile der Vakuumversiegelungs-Therapie im ambulanten Bereich. Seit dem 1. Oktober 2020 ist die Therapie auch zur ambulanten Wundbehandlung als Kassenleistung zugelassen. Dadurch besteht für Patientinnen und Patienten mit akuten oder chronischen Wunden die Möglichkeit, sich auch ohne Krankenhausaufenthalt versorgen zu lassen.
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Welche Wunden sind für die Therapie geeignet?
Die Vakuumversiegelungstherapie ist insbesondere für größere chronische, aber auch akute sowie komplizierte Wunden geeignet. Sie darf nach Maßgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA, Beschluss vom 19.12.2019) nun auch in der vertragsärztlichen Versorgung angewendet werden, wenn durch eine Standardwundbehandlung keine ausreichende Heilung zu erwarten ist. Dabei sind Risikofaktoren der Wunde sowie auf Seiten der Patientinnen und Patienten zu berücksichtigen. Der Allgemeinzustand der Patientinnen und Patienten muss das ambulante Wundmanagement ebenso zulassen, wie die Größe und Tiefe der Wunde. Die Wundheilung ist regelmäßig durch den Arzt oder die Ärztin zu kontrollieren und der Behandlungsverlauf zu dokumentieren.
Beispiele (nicht abschließend) für die Anwendung:
- Diabetisches Fußsyndrom
- Ulzera
- Druckgeschwüre (Dekubitus)
- Akute Wunden, postoperativ, posttraumatisch
Wann ist die Vakuumversiegelungstherapie kontraindiziert?
Die Anwendung ist ausgeschlossen bei exponierten Organen, Gefäßen und vaskularen Anastomosen. Nekrotisches Gewebe muss radikal entfernt werden, da andernfalls neues Gewebewachstum verhindert wird. Bei einer unbehandelten Osteomyelitis muss der Infektionsherd sicher entfernt sein. Da die Therapie das Wachstum von Granulationsgewebe fördert, darf sie nicht angewendet werden, wenn malignes Gewebe vorhanden ist. Auch bei nicht enteralen und unerforschten Fisteln ist die Unterdruck-Wundtherapie kontraindiziert. Anwendende Fachärztinnen oder Fachärzte müssen alle Warnhinweise und Gegenanzeigen berücksichtigen.
Primärer und sekundärer Wundverschluss
Bei einem primären Wundverschluss liegt die komplikationsfreie Wundheilung inkl. Wiederherstellung der Gewebestrukturen vor - bei gut aneinander liegenden Wundrändern. Dies ist der Fall wenn z. B. nach einem chirurgischem Eingriff die Wundränder mit einer Naht verbunden werden.
Man spricht von einem sekundären Wundverschluss, sofern ein primärer Wundverschluss nicht möglich ist oder eine Wunde nach 6 bis 8 Std. chirurgisch nicht versorgt wurde. Die Infektionsgefahr ist hier aufgrund der möglichen stärkeren Entzündungsreaktion und Ausbildung von Granulationsgewebe deutlich erhöht. Die Wundheilung beginnt hier vom tiefsten Punkt der Wunde.
Versorgung, Verordnung und Abrechnung
Verordnung und Versorgung
Zu den lt. Beschluss des G-BA festgelegten Facharztgruppen zur Durchführung der Vakuumversiegelungstherapie zum intendierten primären Wundverschluss gehören operativ tätige Fachärzt:innen auf dem Gebiet der Chirurgie, Fachärzt:innen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Neurochirurgie, Haut- und Geschlechtskrankheiten und für Urologie.
Für die Versorgung zum Zwecke des sekundären Wundverschlusses sind zusätzlich zu den zuvor genannten Facharztgruppen zur Durchführung außerdem berechtigt Fachärzt:innen für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Angiologie, Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie, Fachärzt:innen mit der Zusatzweiterbildung »Diabetologie« oder der Bezeichnung »Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)« oder mit der Zusatzweiterbildung Phlebologie.
Die aufgeführten Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen richten sich nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer und schließen auch diejenigen Ärzt:innen ein, welche eine entsprechende Bezeichnung nach altem Recht führen.
Diese Fachärzt:innen führen die Anlage sowie auch den Wechsel des Vakuumversiegelungssystems durch. Sie prüfen u. a., ob die Vakuumversiegelungstherapie individuell geeignet ist und ob Patient:innen bzw. das Pflegepersonal in der Lage sind, das Gerät zu bedienen (räumlich, organisatorisch).. Dies beinhaltet die Einweisung der Patient:innen in die Pumpenbedienung nebst Einstellung der Pumpe.
Abrechnung
Die Abrechnung der Sachkosten der Vakuumversiegelungstherapie erfolgt - anders als bei der modernen Wundversorgung - über die Sachkostenpauschalen im Kapitel 40 des EBM. Dies bedeutet dass niedergelassene Ärzt:innen die Therapiekomponenten beschaffen und ihren Aufwand über die Pauschalen im EBM mit der KV abrechnen. Eine Verordnung des Krankenhauses beim Entlassmanagement ist nicht möglich, die Versorgung muss mit den Vertragsärzt:innen abgestimmt werden.
Primärer Wundverschluss
- GOP 31401 Zuschlag zu einem Eingriff des Abschnitts 31.2 für die Anlage eines Systems zur Vakuumversiegelung zum intendierten primären Wundverschluss (einmal am Behandlungstag)
- GOP 40900 Kostenpauschale im Zusammenhang mit der GOP 31401 (je durchgeführter Leistung)
- GOP 36401 Zuschlag zu einem Eingriff des Abschnitts 36.2 für die Anlage eines Systems zur Vakuumversiegelung zum intendierten primären Wundverschluss (einmal am Behandlungstag)
Sekundärer Wundverschluss
- GOP 02314 Zusatzpauschale für die Vakuumversiegelungstherapie zum intendierten sekundären Wundverschluss im unmittelbaren Anschluss an eine Wundversorgung (einmal am Behandlungstag)
- GOP 40901 Kostenpauschale im Zusammenhang mit der GOP 02314 bei einer Wundfläche bis einschließlich 20 cm2 (je durchgeführter Leistung, höchstens dreimal in der Kalenderwoche)
- GOP 40902 Kostenpauschale im Zusammenhang mit der GOP 02314 bei einer Wundfläche größer 20 cm2 (je durchgeführter Leistung, höchstens dreimal in der Kalenderwoche)
- GOP 40903 Kostenpauschale für die Vakuumpumpe im Zusammenhang mit der GOP 02314 (je Kalendertag)
Die genannten GOP sind berechnungsfähig für festgelegte Facharztgruppen und als persönlich von der Ärztin / vom Arzt zu erbringende Leistung.
Für welche Patient:innen eignet sich die Therapie?
Für Patient:innen sorgt die Therapie neben einer schnelleren Heilung zusätzlich für eine Erhöhung der Lebensqualität: Die luftdicht abgedeckte Wunde entwickelt keinen Geruch, störende Wundsekrete werden abgesaugt, es sind weniger Verbandwechsel nötig. Je nach angewendetem System besteht auch mehr Bewegungsfreiheit, sodass ggf. auch Duschen oder Berufstätigkeit möglich sind. Der Verbandwechsel ist aufwändiger und nur von Ärzt:innen durchzuführen. Die Patient:innen müssen in den Umgang mit dem Gerät eingewiesen werden, um damit auch allein umgehen zu können. Das heißt auch, dass sie Warnsignale verstehen und auf diese reagieren können müssen – oder sie Hilfe erhalten können.
Welche Ärzt:innen können die Vakuumversiegelungstherapie anwenden?
Berechtigt zum intendierten primären Wundverschluss sind folgende operativ tätige Fachärzt:innen :
- der Chirurgie
- der Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
- der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie
- der Neurochirurgie
- für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Urologie
Zur Durchführung des sekundären Wundverschlusses sind zusätzlich folgende Fachärzt:innen berechtigt:
- der Allgemeinmedizin
- der Inneren Medizin und Angiologie
- der Inneren Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
- mit der Zusatzweiterbildung »Diabetologie« oder »Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)«
- mit der Zusatzweiterbildung Phlebologie