Über die aktuelle Situation
In Deutschland leiden ca. eine Million Menschen an chronischen Wunden wie Ulcus cruris, diabetischem Fußulkus oder Dekubitus. Mit der alternden Bevölkerung steigt die Prävalenz dieser Wunden. In den nächsten fünf Jahren kommen mehr als 100.000 weitere Patient:innen hinzu.
Ein Blick auf die aktuelle Versorgung zeigt ein dramatisches Bild: Bis ein Wundpatient eine Diagnose erhält, können bis zu drei Jahre vergehen. Dies könnte dadurch erklärt werden, dass bei über 70 % der Versicherten kein ambulanter Pflegedienst vor Ort ist und häusliche Krankenpflege erbringt. Nur bei 9 % der Versicherten ist ein spezialisierter Leistungserbringer in der chronischen Wundversorgung involviert. Das bedeutet, dass Patient:innen und ihre Angehörigen mit der Versorgung auf sich gestellt sind. In der Folge werden Patient:innen häufig erst in der Klinik vorstellig, wenn es zu spät ist. Im ersten Jahr der Behandlung in der Klinik, werden bereits 85 % aller Amputationen durchgeführt. Dies schränkt nicht nur die Lebensqualität der Patient:innen ein, sondern ist auch ein großer Kostenfaktor. Auf die 11 % der stationär behandelten Patient:innen entfallen 50 % der Gesamtkosten der Versorgung.
Im Ergebnis liegt der Median der Dauer einer chronischen Wundversorgung in Deutschland bei 130 Tagen. Über ein Drittel der Patient:innen mit chronischen Wunden werden sogar noch nach 180 Tagen behandelt. Dabei gibt es Beispiele, die zeigen, dass eine strukturierte Versorgung in Kombination mit dem Einsatz moderner Wundversorgung und Kompression chronische Wunden binnen 90 Tagen schließen könnte.
Die bisherigen Ansätze über erhöhte Qualifikationsanforderungen für die Pflege, Selektivverträge oder Innovationdsfondsprojekte, konnten die grundlegenden Versorgungsprobleme nicht lösen.
Zentrale Herausforderung sind deshalb seit Jahren:
- Fehlende Koordination zwischen den beteiligten Ärzt:innen, Pflegefachpersonen und Therapeut:innen in der ambulanten Versorgung und an der Schnittstelle zur stationären Versorgung
- Wissen um die richtige Kausal- und Lokaltherapie akuter und chronischer Wunden
- Noch zu wenig spezialisierte Wund:expertinnen in der Fläche
- Entlastende und vernetzende digitale Elemente für Leistungserbringer, Patient:innen und ihre Angehörigen
- Sektorenübergreifende Verfügbarkeit moderner Wundtherapien
- Einführung einer Bagatellgrenze zum Abbau von Bürokratie und Angst vor Regressen
Die Antwort liegt auf der Hand: Es braucht eine Nationale Wundstrategie, die die bisherigen und in der Zukunft notwendigen Maßnahmen zusammenführt. Ziel der Strategie sollte der Zugang zu einer strukturierten, modernen, vernetzten und leitliniengerechten Wundversorgung sein, die alle an der Behandlung Beteiligten einbindet und die Patientenadhärenz steigert. Nur so kann eine ganzheitliche, fortschrittliche Behandlung akuter und chronisch komplexer Wunden gelingen.
Die Menschen mit Wunden profitieren dadurch von einem besseren Therapieergebnis. Die Leistungserbringer werden entlastet. Das GKV-System spart Kosten.
1. Wir brauchen ein Leitbild für die Wundversorgung
Die aktuellen politischen Anstrengungen, die die Weiterentwicklung von Kompetenzen und Zuständigkeiten im ärztlich-pflegerischen Spektrum zum Ziel haben, haben oftmals die Wundversorgung im Blick. Leitlinien definieren Anforderungen an Prozesse und Qualität. Modellprojekte eruieren die Notwendigkeiten struktureller Verbesserungen, sektorenübergreifender Arbeit und Koordination im komplexen Netzwerk der an der Versorgung Beteiligten.
Jedoch: An einem Leitbild, das die aktuellen Entwicklungen, die Vielfalt der Akteure, Kompetenzen und Versorgungsprozesse zusammenführt, fehlt es weiterhin. Es muss die Grundlage einer Nationalen Wundstrategie sein.
Was wir brauchen:
- Unterstützung regionaler und überregionaler Netzwerke und interdisziplinärer Zusammenarbeit auch in der ambulanten Versorgung.
- Entwicklung eines nationalen Versorgungsstandards, der Akteure und ihrer Prozesse der Wundversorgung integriert und den Zugang der Betroffenen in Abhängigkeit ihrer Lebens- und Wohnsituation erschließt.
- Schaffung der sozialrechtlichen Vorschriften, die die Besonderheiten der Wundversorgung berücksichtigen und den beteiligten Akteuren einen rechtssicheren Raum für die Umsetzung der Anforderungen an Prozesse und Versorgungsstrukturen sichern.
- Regelmäßige Aktualisierung durch ein interdisziplinäres Expertengremium für verbindliche Standards.
2. Mit dem Versorgungsansatz „chronische Wunde“ schaffen wir die Grundlage für interprofessionelle Wundversorgung
Wundversorgung ist interprofessionell. Sie erfordert die Zusammenarbeit von Wundexpert:innen, Wundspezialist:innen, sowie verschiedenen Arzt- und Facharztgruppen, wie z.B. Haus- und Allgemeinärzt:innen, Dermatolog:innen, Gefäßchirurg:innen, Diabetolog:innen und Pflegefachkräften. Auch Physio- und Lymphtherapeut:innen und Ernährungsberater:innen sind mitunter in die Wundtherapie eingebunden. Diese Strukturen und Netzwerke, oftmals regional sehr unterschiedlich, sind in der Regel lose organisiert – und nicht vergleich- oder reproduzierbar.
Um die Synergien dieser Kooperationen im Versorgungsnetzwerk weiter erschließen und Reibungsverluste reduzieren zu können, halten wir einen Rahmen für notwendig, der Prozesse und Verantwortlichkeiten im Versorgungsteam definiert. Grundlage hierfür muss ein multidisziplinär zu entwickelnder Versorgungsansatz für chronische und schwer heilende Wunden mit komplexen Therapieverläufen sein, der neben Diagnostik- und Therapiepfaden auch die Zuständigkeiten der Akteur:innen festlegt. Eine Orientierung kann bspw. die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) bieten. Diese kann ein Modell sein für eine spezialisierte ambulante Wundversorgung (SAWV). Oder die Versorgung chronischer Wunden wird erfolgshonoriert vergütet. Denn aktuell erhalten Ärzt:innen dieselbe Pauschale, unabhängig davon, ob sie eine kurzzeitige Behandlung durchführen oder eine komplexe chronische Wunde versorgen – das ist weder zielführend noch motivierend.
Deshalb braucht es im Rahmen des Versorgungsmodells eine Komplexpauschale, die mit Qualitäts- und Ergebnisindikatoren hinterlegt wird.
Was wir brauchen:
- Schaffung regionaler und überregionaler Wundnetzwerke mit festen Ansprechpartner:innen, Koordination und definierten Behandlungspfaden.
- Einführung interdisziplinärer Fallkonferenzen zur besseren Abstimmung.
- Entwicklung eines spezifischen Vergütungsmodells (z. B. Komplexpauschale) zur leistungsgerechten Honorierung.
- Möglichkeit der Kooperation von spezialisierten Wundzentren (WZ) mit nicht-spezialisierten, spezialisierten Pflegediensten oder Homecare sowie anlassbezogene Hausbesuche durch die vorgenannten Akteure.
3. Der Informationsaustausch muss sichergestellt und standardisiert werden
Die funktionierende interprofessionelle Behandlung von Wundpatient:innen setzt intersektorale Strukturen und den korrekten und datensicheren Austausch von Versorgungs- und Therapieinformationen voraus. Die Digitalisierung von Dokumentation und Kommunikation kann dies unterstützen. Wir benötigen daher den Ausbau der standardisierten und digitalisierten Wunddokumentation, den Abbau doppelter Dokumentationen und den Aufbau eines entsprechenden Kommunikationsnetzes – unter Einbindung aller relevanten Informationen, Patient:innen und Versorgungspartner:innen! Dies schließt gleichsam alle ambulanten wie stationären Akteure, und somit auch das Überleitmanagement, ein.
Die Telematikinfrastruktur sowie deren Anwendungen sollen hierfür als Basis dienen.
Was wir brauchen:
- Einführung eines schnittstellenoffenen und einheitlichen digitalen Wunddokumentationssystems mit verpflichtender Nutzung.
- Aufbau eines nationalen Kommunikationsportals für alle Akteur:innen.
- Nutzung der Telematikinfrastruktur (TI) und Kommunikationsdienste (KIM) zur verbesserten Übermittlung von Behandlungsdaten.
- Sicherstellung der digitalen Vernetzung über elektronische Patientenakten (ePA) durch zügige Anbindung aller relevanten Akteure.
4. Alle qualifizierten Personen müssen in die Diagnostik, Therapie und Versorgung eingebunden werden
Eine große Vielfalt qualifizierter medizinischer und pflegerischer Expert:innen ist an der Wundversorgung beteiligt. Aktuelle Reformvorhaben sehen ergänzende Kompetenzen und auch heilkundliche Tätigkeiten für qualifizierte Pflegefachpersonen vor. – Diese Vorhaben sind sehr zu begrüßen und die effektive Einbindung aller zur Verfügung stehenden Fachkräfte ist erforderlich für verlässliche Versorgungsstrukturen! Allerdings orientieren sich die Anforderungen an die Einbindung von Pflegefachpersonen oftmals weiterhin an den Institutionen, so bspw. an einer Beschäftigung in einem Pflegedienst. Dies hat zur Konsequenz, dass qualifizierte Personen mit anderweitiger institutioneller Verortung nicht in diese Versorgungen eingebunden werden können – ein Umstand, der den enormen pflegerischen Versorgungsbedarfen nicht gerecht werden kann. Wir fordern daher die Einbindung aller zur Verfügung stehenden Pflegefachpersonen in die Versorgung – indem die Qualifikation und nicht die Institution maßgebliches Kriterium hierfür ist.
Was wir brauchen:
- Erweiterung heilkundlicher Tätigkeiten für spezialisierte Pflegefachkräfte in der Wundversorgung.
- Gesetzliche Anpassung zur Einbindung aller zur Verfügung stehender Fachkräfte wie selbstständiger Wundexpert:innen und Homecare.
- Verbindliche Sicherstellung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen, Pflegekräften und Therapeut:innen.
5. Zugang zu qualitätssicheren, wirksamen Wundprodukten sichern – für die adäquate, patientengerechte medizinisch-pflegerische Versorgung
Eine funktionierende Wundversorgung setzt neben der Behandlung durch qualifizierte Expert:innen den Zugang zu den individuell benötigten und medizinisch notwendigen Wundprodukten – in der erforderlichen Qualität – voraus.
Der gegenwärtige Kostendruck darf in der Praxis nicht zu Qualitätsreduktionen oder dem Fehlen innovativer, wirksamer und ressourcenschonender Wund- und Kompressionsverbände bei der Auswahl der Produkte im GKV-System führen. So erhalten zum Beispiel 55 % der Patient:innen eine einfache Kompresse zur Versorgung chronischer Wunden. Dabei ist eine moderne (z.B. feuchthaltende (hydroaktive)) Wundtherapie und adäquate Therapie der Begleiterkrankung (wie Kompression oder Druckentlastungbei Ulcus cruris venosum) zusätzlich zu einer frühzeitigen Diagnose und Kausaltherapie durch qualifizierte Expert:innen, ein Schlüsselfaktor für die schnellere Wundheilung.
Wir benötigen deshalb eine Vergütungs-/Verordnungssystematik, die die bedarfsgerechte und phasengerechte Versorgung von Patient:innen mit chronischen Wunden sicherstellt: Hierzu gehört insbesondere die Einführung eines gesonderten Budgets für Wundversorgungsprodukte und -dienstleistungen, um finanzielle Barrieren zu minimieren.
Was wir brauchen:
- Etablierung eines gesonderten Budgets für Wundversorgungsmaterialien.
- Sicherstellung einer bedarfsgerechten und wundphasengerechten Versorgung unter Berücksichtigung der überwiegend ambulanten Therapie von Wundpatienten.
- Transparenz und leichterer Zugang zu Informationen über Evidenz und Therapievorteile sowie leitliniengerechter Wundversorgung zum Abbau von Regressbefürchtungen.
- Transparenz über die Vertragspartner der spezialisierten Wundversorgung (analog § 127 Abs. 6 SGB V Hilfsmittel-Leistungserbringer).
- Unzulässigkeit von OpenHouse-Verträgen zur Versorgung.
6. Evidenz: Nutzen von Wundprodukten definieren
Eine gute und funktionierende Wundversorgung setzt qualitätssichere Wund- und Kompressionsprodukte voraus. Der Diskurs um Nutzen und Evidenz von Wundprodukten, um die für Therapie und Patient:innen relevanten Bewertungskriterien einer Wundversorgung, hält weiterhin an. Im Sinne patientenrelevanter Endpunkte sollten neben der Wundheilung auch andere Endpunkte je nach Zweckbestimmung und Therapieziel berücksichtigt werden. Dieser Diskurs muss im interdisziplinären Austausch mit Experten weitergeführt und zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden. Dabei sind die Faktoren Lebensqualität, Reduktion von Schmerzen, klinischen Infektionszeichen, oder bakterieller Belastung, Vermeidung von Amputationen, schnellerer Wundverschluss zwingend zu berücksichtigen. Dabei sollen auch Real-Life-Daten aus der ambulanten Versorgung und die Gesamtheit der verfügbaren Evidenz berücksichtigt werden.
Was wir brauchen:
- Nutzung von Real-Life-Daten aus der ambulanten Versorgung zur besseren Evidenzgenerierung.
- Berücksichtigung von patient:innen-relevanten Endpunkten wie Wundheilung, Schmerzreduktion und Verbesserung der Lebensqualität sowie relevante Wundflächenreduktion bei Wunden mit chronischem Heilungsverlauf.
- Anwendungsbegleitende Datenerhebung und Erstattung für sonstige Produkte zur Wundversorgung beispielsweise für seltene Wunden.
- Berücksichtigung der Zweckbestimmung und des medizinischen Therapieziels von Wundprodukten bei der Bewertung des therapeutischen Nutzens unter Einbindung der entsprechenden medizinisch pflegerischen Fachexpertise.
- Option auf anwendungsbegleitende Datenerhebung und Erstattung für sonstige Produkte zur Wundbehandlung z.B. für seltene Wunden.
7. Wundregister als Fundament für Versorgungsforschung einführen
Die vielfältigen Daten, die in der Versorgung akuter und chronischer Wunden von den Kostenträgern und Versorgungspartner:innen erhoben werden, müssen zusammengeführt werden. Eine zentrale Datenbank soll Informationen zu Diagnosen, kausalen Therapien, Interventionen systematisch erfassen und auswerten - und damit Erkenntnisse über Kausalitäten und Effektivität der Wundtherapie, Behandlungsverläufe und Wundheilungsprozesse hervorbringen.
Das Register bietet damit die Grundlage für die Versorgungsforschung und zugleich das Fundament der evidenzbasierten Medizin, das auch zur Entwicklung und Bewertung neuer Produkte verwendet werden kann. In der Krebsbehandlung hat das Register eine deutliche Versorgungsverbesserung gezeigt.
Was wir brauchen:
- Verpflichtende Teilnahme aller Leistungserbringer zur Sicherstellung einer besseren Datengrundlage.
- Nutzung des Registers zur Identifikation von Versorgungsdefiziten und Optimierung der Wundtherapie.
- Möglichkeit der Durchführung von Registerstudien oder klinischer Bewertungen im Vergleich zur Regelversorgung.
8. Qualitätskontrolle und Monitoring stärken
Ein nationales Qualitätsmanagementsystem, angelehnt an das Wundregister, soll die Wundversorgung überwachen. Klare Indikatoren sollen bei der Beurteilung des individuellen Behandlungserfolgs unterstützen. Ein konsensual erarbeiteter Ansatz dafür liegt seit Jahren vor, bedarf aber einer höheren Verbindlichkeit für alle Beteiligten.
Was wir brauchen:
- Einführung eines nationalen Qualitätsmanagementsystems mit klaren Indikatoren.
- Regelmäßige Audits zur Sicherstellung einer hohen Versorgungsqualität.
- Qualitätsüberprüfung nach klaren Vorgaben mit maßgeblichen Konsequenzen bei fehlender Qualität.
- Vermeidung von Fehlanreizen durch die Implementierung von pay-for-performance-Modellen.
9. Digitalisierung nutzen: Neue Versorgungsansätze fördern
Digitalisierung bietet die Möglichkeit, Distanzen zu überwinden. Gerade Versorgungen in der Peripherie und in interdisziplinären Teams können bspw. von telemedizinischen Versorgungselementen profitieren – und so eine qualitätssichere und zugleich effiziente Versorgung erfahren. Wir fordern daher, die Entwicklung von und den Zugang zu digitalen Versorgungsansätzen zu unterstützen! Die ePa und weitere digitale Kollaborationsmöglichkeiten bieten die Chance für einen kontinuierlichen Austausch der an den Patient:innen durchgeführten Therapie- und Versorgungsmaßnahmen.
Was wir brauchen:
- Ausbau telemedizinischer Angebote zur Unterstützung der Wundversorgung besonders in strukturschwachen Regionen.
- Nutzung von KI-gestützten Wundbewertungs-Tools zur Diagnostik und Verlaufskontrolle.
- Förderung von digitalen Kollaborationsplattformen zur intersektoralen Kommunikation zum Beispiel im Zweitmeinungsverfahren beim Amputationsrisiko des diabetischen Fußes. Es kommt meistens auf Tage im Therapiebeginn an, um das Sterblichkeitsrisiko zu senken.
- Einführung eines KI-basierten Patientenlotsen zur neutralen Bewertung von Parametern und Unterstützung der Patient:innenführung.
- Einheitliche Termini in der Dokumentation von Wunden und Therapieverläufen.
10. Forschung und Innovation unterstützen
Innovative Medizinprodukte unterstützen die wirksame, ressourcenschonende Therapie chronischer und akuter Wunden. Die Einführung innovativer Produkte und Versorgungsansätze setzt jedoch innovationsfreundliche, verbindliche, planungssichere und transparente Zugangswege in die Zulassungs- und Erstattungssystematik voraus. Die Förderung von Forschungsprojekten und klinischen Studien zur Entwicklung neuer Technologien und Behandlungsansätze soll dies flankieren.
Was wir brauchen:
- Einrichtung eines Innovationsfonds zur Unterstützung neuer Therapien und Behandlungsansätze.
- Förderung klinischer Studien zur evidenzbasierten Weiterentwicklung der Wundversorgung.
11. Prävention und Früherkennung ausbauen
Bestimmte Risikofaktoren (z. B. Diabetes mellitus, Durchblutungsstörungen, immunologische Erkrankungen) befördern die Entstehung und Chronifizierung von Wunden. Diese Wunden, sowie deren Folgekosten, sind bei entsprechender Früherkennung und adäquater, kausaltherapeutischer und kontinuierlicher Therapie auch über die Sektorengrenzen hinweg besser und kürzer therapierbar oder gar vermeidbar.
Wir fordern daher die Förderung von Screening-Programmen und Risikobewertungen zur frühzeitigen Erkennung von Risikofaktoren für die Entwicklung oder Verschlechterung chronischer Wunden. Wir fordern außerdem den Ausbau von Präventionsprogrammen, insbesondere für Risikogruppen wie Diabetiker:innen oder ältere Menschen. Hierbei sollten Wundtypen einbezogen werden, bei denen es häufig zu Infektionen kommt. Das vorgeschlagene Wundregister sowie Krankenkassendaten sollten dazu genutzt werden.
Was wir brauchen:
- Entwicklung eines nationalen Screenings für Risikopatient:innen.
- Integration von Präventionsmaßnahmen in die Regelversorgung.
- Förderung zielgerichteter Schulungen zur frühzeitigen Erkennung von Risikofaktoren.
- Datennutzung von Krankenkassendaten.
12. Adhärenz mit Patient:innenaufklärung und Eigenverantwortung unterstützen
Eine funktionierende Wundversorgung setzt die Adhärenz/Compliance der betroffenen Personen voraus. Programme zur Aufklärung der Patient:innen und Angehörigen über die Pflege ihrer Wunden und medizinisch notwendiger Begleittherapien müssen hierfür die Grundlage bilden. Auch die strukturierte Einbindung der Patient:innen und der Angehörigen in den Behandlungsprozess durch Schulungen zur Selbstüberwachung und -pflege ist zwingende Voraussetzung für eine stärkere Adhärenz/Compliance – und somit die Unterstützung des Therapieerfolgs und die Steigerung von Selbstmanagementfähigkeiten.
Was wir brauchen:
- Ausbau von Selbstmanagement-Programmen durch interaktive Schulungen und digitale Angebote.
- Einführung eines "Wund- und Kompressionsführerscheins" zur Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten zur Wundprävention und -pflege für Patient:innen und deren Angehörigen.
- Förderung der aktiven Einbindung von Patient:innen und Angehörigen in den Behandlungsprozess.
- Sicherstellung der regionalen Gleichwertigkeit der Versorgung, sodass Patient:innen unabhängig von ihrem Wohnort Zugang zu patientengerechter, medizinisch notwendiger und adäquater, qualitativ hochwertiger Wund- und Kompressionsversorgung haben.