Cookie-Einstellungen

Zur fortlaufenden Verbesserung unserer Angebote nutzen wir den Webanalysedienst matomo.

Dazu werden Cookies auf Ihrem Endgerät gespeichert, was uns eine Analyse der Benutzung unserer Webseite durch Sie ermöglicht. Die so erhobenen Informationen werden pseudonymisiert, ausschließlich auf unserem Server gespeichert und nicht mit anderen von uns erhobenen Daten zusammengeführt - so kann eine direkte Personenbeziehbarkeit ausgeschlossen werden. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit über einen Klick auf "Cookies" im Seitenfuß widerrufen.

Weitere Informationen dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

 - MedTech-Standort D Mehr Mut und Pragmatismus: Wie deutsche Medizintechnik auf eine Spitzenposition kommt Gastbeitrag von Michael Kaschke und Heyo Kroemer | Tagesspiegel vom 7. November 2022

ArtikelBerlin, 15.11.2022

© Adobe Stock @sudok1 Deutsche Medizintechnik gilt weltweit als Goldstandard. Wenn es aber um Schlüsseltechnologien und Zukunftsbranchen der Transformation in Deutschland geht, dreht sich in der Debatte derzeit alles um Mobilitäts-, Energie- oder KI-Themen. Der Gesundheitssektor spielt kaum eine Rolle. Das ist nicht gerechtfertigt. Ein Gastbeitrag von Michael Kaschke, Präsident des Stifterverbandes, und Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Der Gesundheitsbereich gilt als Hochtechnologie- und Wirtschaftssektor und ist für die Zukunft unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft von allerhöchster Bedeutung. Wegen seiner ingenieurstechnischen Stärken in Kombination mit einem hochentwickelten Medizinsystem hat Deutschland weltweit eine herausragende Stellung. Diese müssen wir konsequent entwickeln. Was muss dafür passieren?

1. Strukturelle Voraussetzungen schaffen

Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft der industriellen Gesundheitswirtschaft sind interdisziplinäre Zusammenarbeit und neue Formen für Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in der Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen.

Durch eine gezielte Förderung der Netzwerkstruktur zwischen Wissenschaft und Gesundheitswirtschaft sowie den Aufbau von Innovationsökosystemen kann sowohl der Forschungs- als auch der Industriestandort Deutschland für Gesundheit nachhaltig gestärkt werden.

2. Nutzen von Innovation frühzeitig im Gesundheitswesen verankern und realisieren

Um ein solches Ziel zu erreichen, ist neues Denken in der Forschungs- und Innovationsförderung nötig. Translation und Skalierung, also die Verankerung und Nutzenrealisierung im Gesundheitswesen, müssen von Beginn an integrativer Teil einer Forschungsstrategie sein. Ein an grundsätzlichen industrie- und gesellschaftspolitischen „Missionen“ orientiertes Denken ist in der häufig kleinteiligen Forschungs- und Innovationsförderung in Deutschland bisher nicht ausgeprägt.

So war Deutschland in vielen Forschungsfeldern wie Solarzellen, Mikroelektronik und Batterieentwicklung international führend. Aber die daraus entstandenen Industriezweige wurden in anderen Ländern erfolgreich entwickelt. Ein wesentlicher Grund ist die Separierung der Innovationsgestaltung in ministerielle Zuständigkeiten: Wissenschaft im Forschungsministerium, innovations- und industriepolitische Fördermaßnahmen im Wirtschaftsministerium, Gesundheit im Gesundheitsministerium. Gelenkt wird in Zuständigkeiten statt mit einem Systemblick. Hier muss neu gedacht werden: Die Bundesrepublik sollte neu entstehenden Industrien gezielt helfen, Produkte und Dienstleistungen weltweit wettbewerbsfähig anbieten zu können.

3. Innovationen durch Regulierung befördern

Politische Rahmenbedingungen, also auch Regulierungen, sollten Innovationen fördern und nicht erschweren oder verhindern. Dies könnte durch einen Innovations-Check umgesetzt werden. So können bestehende und künftige Regulierungen überprüft und – wo notwendig – korrigiert werden. Dies gilt besonders für den stark regulierten Gesundheitsbereich. Hier stellt sich schon von der ersten Idee an nicht nur die Frage, ob die Entwicklung eines Produkts möglich ist, sondern wie und ob dieses eine Zulassung erhält und Teil der Versorgung und Vergütung werden kann. Staatliche Regularien verkomplizieren diesen Prozess oft und erschweren den Unternehmen eine strategische Planung.

Dass es auch anders gehen kann, zeigt die Covid-Impfstoffentwicklung von Biontech und Pfizer: Politischer Wille und Pragmatismus, gepaart mit Innovationsgeist (Biontech) und globaler Skalierungskompetenz (Pfizer) haben eine Innovation zu einer internationalen Anwendung in sehr kurzer Zeit gebracht.

4. Finanzierungsmodelle für Innovationen überdenken

Im Gesundheitsbereich sind auch mit Blick auf den demographischen Wandel die resultierenden aktuellen und zukünftigen Kosten wichtig. Innovationen in der Gesundheitsindustrie haben potenziell immer Wirkung in drei Dimensionen: Nutzen für die Patienten durch bessere Behandlung, Erleichterungen für das Personal durch Effizienzgewinne und dadurch volkswirtschaftliche Kostensenkungseffekte an anderer Stelle. Eine Restriktion der Betrachtung auf die initiale Kostenseite von Innovationen wird der Komplexität des Systems nicht gerecht, eine gesetzliche Konzentration auf effiziente Entwicklung ist anzustreben.

5. Vernetzung von Datenplattformen stärken

Wissenschaft und Wirtschaft sind sich einig: Durch eine bessere Verknüpfung von Forschungs-, Gesundheits- und Versorgungsdaten können in Behandlung und Prävention große Fortschritte erzielt werden. Diese führen nicht nur zu höheren Lebenserwartungen, sondern auch zu großen Kostenreduktionen. Künstliche Intelligenz, Big Data, Sensorik, E-Health, Robotik oder vernetzte OP-Säle sind Beispiele für eine moderne Gesundheitsversorgung. Viele dieser Technologien und Produkte stehen uns bereits zur Verfügung, werden aber zu selten angewendet. Die dafür notwendige medizin-ethische Debatte zum Umgang mit Patientendaten dreht sich in Deutschland oft ausschließlich um einen möglichen Missbrauch der Daten. Dass aber Patienten wegen nicht verfügbarer oder nicht verknüpfter Gesundheitsdaten zu spät oder falsch behandelt werden, wird bei der Diskussion selten in den Blick genommen.

Nicht nur in der Covid-Pandemie ist sehr deutlich geworden: Mangelnde Datenerhebung, -vernetzung und -nutzung richtet aktuell in Deutschland mehr Schaden an als mangelnder Datenschutz. Ohne die Vernetzung von Datenplattformen besteht die Gefahr, dass Deutschland neben der reinen Versorgungsproblematik auch die durch hervorragende natur- und ingenieurswissenschaftliche Kompetenz erlangte Spitzenstellung in der Medizintechnik aufs Spiel setzt.

Fazit

Deutschland braucht auf der Basis politischen Willens mehr Mut und Pragmatismus für eine Innovationsoffensive und insbesondere eine beschleunigte digitale Transformation in der Medizintechnik und der Gesundheitsindustrie. Die Gesundheitswirtschaft und die deutsche Medizintechnikindustrie sind dazu bereit. Ein konsequentes Nutzen dieser zweifelsfrei vorhandenen Möglichkeiten hätte ein sehr weitreichendes wirtschaftliches und damit gesellschaftliches Potenzial für Deutschland.

Zu den Autoren: Michael Kaschke ist Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Heyo Kroemer ist Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Quelle: tagesspiegel.de vom 7. November 2022Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.

Ihr Kontakt zu uns

Service

News abonnieren

Sie möchten auf dem Laufenden bleiben?
Abonnieren Sie unsere kostenlosen Newsletter, E-Mail-Alerts zu unseren Themen oder Pressemeldungen.

Jetzt abonnieren

Das könnte Sie auch interessieren

  • Porträtbild Mark Jalaß

    Vergleich MedTech - Pharma
    Schlüsselbranche Medizintechnik: Chance für den Standort Deutschland

    Ein Vergleich der Medizintechnik- mit der Pharma-Branche (Humanarzneimittel) auf der Grundlage der Zahlen der Bundesregierung aus der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung (GGR) zeigt: Die MedTech-Branche steht für mehr als doppelt so viel Arbeitsplätze sowie mehr Produktionswert, Bruttowertschöpfung und Ausstrahleffekte auf andere Branchen.

    Artikel19.11.2024

    Mehr lesen
  • Branche
    Zahlen und Fakten

    Moderne Medizintechnologien verbessern unsere Lebensqualität, retten und erhalten Leben. Und sie tragen zu einer positiven Entwicklung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland bei. Unsere Kennzahlen: mehr als 210.000 Arbeitsplätze. 93 Prozent KMU. 40 Milliarden Euro Umsatz. 68 Prozent Exportquote. Hier gibt es alle Zahlen und Fakten zur MedTech-Branche.

    Artikel12.11.2024

    Mehr lesen
  • Branche
    BVMed-Herbstumfrage zur MEDICA 2024: Medizintechnik unter Druck / Branche fordert eigenständige MedTech-Strategie

    Der Medizintechnik-Standort Deutschland verliert an Attraktivität. Die Branche steht unter großem Druck. So erwarten die BVMed-Mitgliedsunternehmen nach der aktuellen Herbstumfrage nur noch einen Umsatzanstieg von 1,2 Prozent in Deutschland. Zur weltgrößten Medizinmesse MEDICA fordert der BVMed eine eigenständige MedTech-Strategie.

    Pressemeldung07.11.2024

    Mehr lesen

Kommende Veranstaltungen

  • Online-Seminar
    MDR Online-Seminar | Normung in der Medizintechnologie

    Die Normung hat eine hohe Bedeutung in der Entstehung und Zulassung von Medizinprodukten. Gemeinsam geben wir mit den Experten der DIN einen Einblick in die Arbeit der Normung, gehen der Frage nach wie Unternehmen sich an der Normung beteiligen können und welchen Einflüssen sowie Entwicklungen die Normung im Bereich Medizintechnologie in Gegenwart und Zukunft unterliegt.

    Seminardigital
    26.11.2024 09:00 - 11:00 Uhr
    organizer: BVMed
    Schwerpunkt: Regulatorisches

    Zur Veranstaltung: Normung in der Medizintechnologie
  • Konferenz
    Hygieneforum 2024

    Das BVMed-Hygieneforum widmet sich auch dieses Jahr wieder zentralen Herausforderungen der Infektionsprävention in der stationären wie auch ambulanten Versorgung. Fachexpert:innen tragen wichtige Themen vor, zu denen wir dann gemeinsam diskutieren wollen. Melden Sie sich noch heute an. Wir freuen uns über Ihre Teilnahme.

    Konferenzhybrid
    Berlin, 12.12.2024 09:30 - 15:30 Uhr
    organizer: BVMed
    Schwerpunkt: Hygiene

    Zur Veranstaltung: BVMed-Hygieneforum 2024
  • Onlineseminar
    Webinar | Medizintechnik-Fertigung | Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich meistern

    Die Digitalisierung der Fertigung stellt insbesondere in der Medizintechnik- und Life-Sciences-Branche eine große Heraus-forderung dar. Trotz klarer Vorteile wie effizienteren Prozessen und der Aussicht auf bessere Produktqualität und Erfüllung regulatorischer Anforderungen, sehen sich viele Unternehmen mit komplexen Fragen konfrontiert: Wie gelingt der Einstieg? Welche Technologien sind relevant? Wie können gesetzliche Vorgaben effektiv umgesetzt werden? Und wie lassen sich typische Fallstricke vermeiden?

    Seminardigital
    31.01.2025 09:00 - 11:00 Uhr
    organizer: BVMed
    Schwerpunkt: Digitalisierung

    Zur Veranstaltung: Medizintechnik-Fertigung Herausforderungen der Digitalisierung erfolgreich meistern

Ihre Vorteile als BVMed-Mitglied

  • Organisation

    In über 80 Gremien mit anderen BVMed-Mitgliedern und Expert:innen in Dialog treten und die Rahmenbedingungen für die Branche mitgestalten.

  • Information

    Vom breiten Serviceangebot unter anderem bestehend aus Veranstaltungen, Mustervorlagen, Newslettern und persönlichen Gesprächen profitieren.

  • Vertretung

    Eine stärkere Stimme für die Interessen der Branche gegenüber politischen Repräsentant:innen und weiteren gesundheitspolitischen Akteur:innen erhalten.

  • Netzwerk

    An Austauschformaten mit anderen an der Versorgung beteiligten Akteur:innen, darunter Krankenkassen, Ärzteschaft oder Pflege teilnehmen.

Die Akademie

Von Compliance über Nachhaltigkeit bis hin zu Kommunikation. Unsere Akademie bietet der MedTech-Community eine Vielfalt an Veranstaltungen zur Fort- und Weiterbildung an. Entdecken Sie unsere Seminare, Workshops und Kongresse.

Zu den Veranstaltungen