- MedTech-Trends Produktionsstrategien für die Medizintechnik von morgen Trendreport des Fraunhofer IPT 2019
ArtikelAachen, 02.08.2019
Der Bedarf an Medizinprodukten für eine alternde Bevölkerung ist ein Antreiber für das Wachstum der Medizintechnikbranche in Europa. Medizintechnik wird kleiner, individueller und funktionaler, die Produkte müssen höchste Qualitätsstandards erfüllen und zugleich kostengünstig gefertigt werden. Wie dieser Balanceakt gelingen kann, erfahren Unternehmen im neuen Trendreport "Produktionsstrategien für die Medizintechnik von morgen", den das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen veröffentlicht hat.
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In ihrem Trendreport geben die Aachener Produktionstechniker einen Ausblick auf die bevorstehenden Herausforderungen in der Entwicklung und Fertigung der nächsten Generation von Medizinprodukten. Sie zeigen Lösungsansätze und erste Beispiele für deren praktische Umsetzung auf – sowohl hinsichtlich geeigneter Herstellungsverfahren als auch mit Blick auf eine sinnvolle Produktionsorganisation. In fünf Themenblöcken werden aus einer produktionstechnischen Perspektive zentrale Trends der Medizintechnik beleuchtet.
Intelligente und personalisierte Medizinprodukte erhöhen die Komplexität der Produktherstellung
In Zukunft werden diagnostische Geräte und Medizinprodukte den Patienten weiter in den Mittelpunkt stellen. Miniaturisierte Sensorik, beispielsweise in Implantaten, medizinischen Instrumenten oder auch Kontaktlinsen, können Medizinern zukünftig nicht nur Informationen über den Gesundheitszustand des Patienten oder den Zustand des Medizinprodukts liefern. Mithilfe spezieller Oberflächen oder biohybrider Produkte wird sich die Medizintechnik besser an den Patienten anpassen. Schließlich wird auch die personalisierte Medizin durch die Entwicklung individualisierter Produkte möglich, sodass jeder Patient die Therapie erhält, die er braucht.
Diese nächste Generation von Medizinprodukten wird damit zunehmend intelligenter. Diese vielfältigen Funktionen erhöht jedoch die Komplexität in der Produktherstellung, die ohnehin einem starken Preisdruck und zugleich hohen regulatorischen Anforderungen unterliegt.
Im Trendreport »Produktionsstrategien für die Medizintechnik von morgen« erörtern die Autoren einige der Herausforderungen bei der Herstellung individualisierbarer Medizinprodukte und informieren über neue produktionstechnische Entwicklungen für eine sichere Serienfertigung, die sich speziell für die Weiterentwicklung der Medizintechnik eignen.
Der Trendreport kann kostenlos heruntergeladen werden:
www.ipt.fraunhofer.de/trendreport-medizintechnikExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.
Das Fazit der IPT-Experten lautet:
Die aktuellen Entwicklungen in der Medizintechnik sind vielfältig – Medizinprodukte werden immer funktionaler und intelligenter und stellen den Patienten immer stärker in den Mittelpunkt. Während Patienten von den neuen Therapieansätzen und verbesserten Produkten profitieren, müssen Hersteller zunächst die enormen produktionstechnischen Herausforderungen bewältigen. Denn die miniaturisierten, multifunktionalen und smarten Produkte sind um ein Vielfaches komplexer in der Herstellung. Gleichzeitig unterliegt die Branche hohen regulatorischen Anforderungen und einem starken Preisdruck. Die neuen Produkte werden sich daher nur dann langfristig erfolgreich am Markt behaupten, wenn sie wirtschaftlich, sicher und in hoher Qualität hergestellt werden können.
Um diese Hürden zu meistern, sollten Medizintechnik-Unternehmen schon frühzeitig an die Produktion denken. Dies beginnt bei der Auswahl geeigneter Materialien und Sensoren sowie der entsprechenden Fertigungsverfahren. Dafür steht eine Vielzahl an konventionellen und neuen Produktionsverfahren zur Auswahl. Hochpräzise Technologien zur Herstellung strukturierter Formen für den Kunststoffspritzguss, das Rolle-zu-Rolle-Verfahren oder die generative Herstellung und Nachbearbeitung individualisierter Medizinprodukte sind nur einige Beispiele. Dort wo neue Produkte entwickelt werden – ganz gleich ob intelligent, personalisiert oder biohybrid – müssen oft bestehende Herstellungsverfahren angepasst und weiterentwickelt oder neue Ansätze erforscht werden. Dies sollte bereits im Zuge der Produktentwicklung untersucht und berücksichtigt werden, um anschließend die Produktion schnell skalieren zu können.
Hinsichtlich der übergeordneten Produktionsorganisation bietet die Industrie 4.0 zahlreiche Gestaltungsansätze für eine leistungsfähige, vernetzte und adaptive Produktion. So befähigt zum Beispiel die Vernetzung von Produktionsmaschinen die Hersteller, ihre Prozesse besser zu verstehen und zu überwachen. Die Verfügbarkeit großer Datenmengen eröffnet vollkommen neue Möglichkeiten, Daten zu analysieren und Informationen zu gewinnen – bis hin zu selbstoptimierenden Produktionsprozessen. Am Ende der gesamten Fertigungskette steht gerade bei Medizinprodukten jedoch immer die Qualitätskontrolle und Zulassung. Durch die umfassende Erhebung von Livedaten und deren Speicherung, beispielsweise in einem Digitalen Zwilling des Produkts, können die Prozesse engmaschig überwacht werden. Die Zusammenfassung der gewonnenen Informationen über den gesamten Herstellungsprozess kann schließlich zum Nachweis für die Zulassung genutzt werden.
Auf diese Art und Weise werden neue Produktionsansätze zum »Enabler« für die Medizintechnikprodukte der nächsten Generation. Während einige Ansätze bereits erprobt werden, bietet das Feld noch viel Potenzial für weitergehende Forschung und Entwicklung. Die Interdisziplinarität zwischen Produktionstechnik, Medizin und Medizintechnik erfordert es, in Kooperationen anwendungsnah zu forschen und zu entwickeln, um Patienten gemeinsam neue und bessere Medizinprodukte zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung zu stellen.