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 - MedTech-Trends Smarte Textilien für die Medizin

Artikel04.07.2014

Trends bei medizinischen Textilien

Medizintechnologie.de berichtet über Trends bei medizinischen TextilienExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.

© TITV Babybodys der Zukunft können dabei helfen, den Kindstod zu verhindern. Der intelligente Babybody überwacht unter anderem die Atmungsaktivität des Babys an Bauch und Rücken. Setzt die Atmung aus, wird ein Alarm ausgelöst. Das ist nur ein mögliches zukünftiges Anwendungsgebiet für Textilien mit integrierter Sensorik/Elektronik, sogenannten smarten Textilien. Die Einsatzpotenziale in der Medizin sind sehr vielfältig: sie reichen von eHealth-Anwendungen über die Überwachung von Wundheilungsprozessen bis hin zu Biofeedback bei Exoskeletten oder Prothesen.

Textilintegrierte versus textilbasierte Systeme

Für smarte Textilien gibt es keine feststehende Definition. Am weitesten verbreitet ist der Bezug auf Textilien mit intelligenten Funktionen durch die Integration elektronischer und sensorischer Funktionen. Die Textilien können auf bestimmte Umwelteinflüsse reagieren, beziehungsweise mit dem Träger interagieren, Signale detektieren und spezifische Aufgaben erfüllen.

In der Herstellung unterscheidet man zwischen textilintegrierten und textilbasierten Lösungen. Bei der textilintegrierten Lösung werden Bauteile wie MEMS (Mikro-elektronische-mechanische Systeme), Leiterplatten oder Sensoren auf Textilien aufgebracht. Dies kann mit verschiedenen Verbindungstechnologien erfolgen wie dem Sticken, Crimpen oder Löten.

Die Basis für textilbasierte Lösungen bilden Fasern oder textile Flächengebilde, die selbst über elektrisch leitfähige oder sensorische Eigenschaften verfügen. Hierfür werden spezielle Polymere und Beschichtungen eingesetzt. Auf den textilen Strukturen basiert der Aufbau von textilen Sensoren, hochflexiblen Stimulationselektrodensystemen, Aktuatoren, selbstleuchtenden Textilien oder speziellen Heizsystemen.

Für beide Ansätze gilt nach wie vor, dass noch vielfältige technologische Herausforderungen zu lösen sind. Dazu zählen u. a. automatisierte Fertigungsverfahren, Reproduzierbarkeit, Langlebigkeit und Zuverlässigkeit der Produkte. Ein weiterer Baustein ist die mobile Energieversorgung, wenn es sich um „getragene“ Produkte handelt, die nicht an den Stromkreislauf angeschlossen werden können.

Forschung und Entwicklung

Derzeit befinden sich die meisten smarten Textilprodukte noch im Forschungsstadium, auch wenn bereits seit Jahren in der Industrie und Wissenschaft daran gearbeitet wird. Zahlreiche Aufgaben sind noch zu bewältigen, vor allem wenn es um die Nutzung in einem sensiblen Bereich wie der Medizin geht. Dazu zählen nicht nur die bereits genannten technologischen Herausforderungen, sondern auch die Etablierung einer entsprechenden Infrastruktur und die Klärung von Haftungsfragen. So muss z. B. klar geregelt sein, wer die Verantwortung im Falle eines Notrufs/Warnsignals zu übernehmen hat, d.h. die Daten auswertet und strukturiert Hilfe leistet. Die Lösung dieser Fragestellung ist eine Schlüsselkomponente für die Einführung sensorischer Textilien in den Gesundheits- und Pflegebereich. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Fachrichtungen ist gefordert, um entsprechende Ansätze und Konzepte zu entwickeln.

Für die technologische Umsetzung sind Impulse aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen und Branchen gefragt wie der Chemie, Faser-, Textil-, Beschichtungs- und Mikrosystemtechnik/Sensorik sowie aus der Biotechnologie und den Materialwissenschaften. Des Weiteren ist die Einbindung der Anwender wie Ärzte und Krankenhäuser sowie weiterer Stakeholder wie Krankenkassen für die Entwicklung marktfähiger Produkte von entscheidender Bedeutung.

Zu den Kompetenzzentren für die Entwicklung smarter Textilien in Deutschland zählen:
- Hohenstein Institut für Textilinnovationen
- Institut für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf
- Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen
- Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V.
- Institut für Textilmaschinen und textile Hochleistungswerkstoffe der TU Dresden

Darüber hinaus engagieren sich zahlreiche Fraunhofer-Institute auf diesem Gebiet:
- Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM
- Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
- Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC
- Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IA
- Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT

Einsatzpotenziale in der Medizin

Vielversprechende Anwendungsfelder für smarte Textilien liegen in der Medizin und Pflege, aber ebenso in der Medizintechnik. Dabei wird nicht nur an die Überwachung von Atem- und Herzfrequenz gedacht, sondern auch an das Monitoring von Wundheilungsprozessen oder Bewegungsabläufen. Außerdem bieten sich Potenziale für die Optimierung medizinischer Produkte wie Spezialschuhe, Kompressionsprodukte, Orthesen und Prothesen oder für neue
Therapiekonzepte z. B. von Schlaganfallpatienten. In Zukunft sind sogar Textilien mit biochemischen Sensoren denkbar, die die Zusammensetzung von Körperflüssigkeiten wie Blut oder Schweiß messen und damit wichtige Informationen über den Gesundheitszustand geben können.

Smarte Textilien sollen damit sowohl zur Prävention, zur Diagnostik als auch zur Therapie eingesetzt werden. Wichtige Gebiete werden hierbei die gesamte Homecare-Versorgung bzw. Ambient Assisted Living sein. Das Thema eHealth nimmt dabei eine Schlüsselfunktion ein; Textilien könnten in Zukunft die Rolle eines modernen Interface übernehmen. Somit könnten sie einen wesentlichen Beitrag zu dem therapeutischen Fortschritt und der Einsparung von Arzneimitteln, der Verkürzung von Krankheitszeiten sowie dem Gesundheitsmonitoring von Risikogruppen leisten. Dies könnte zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der Hygiene sowie der Gesundheit im Alter führen, und sich auf die Kostenreduktion im Gesundheitswesen positiv auswirken.

Homecare, eHealth und Telemedizin

In Deutschland werden bereits heute sechs Millionen Menschen mit Hilfsmitteln von Homecare-Unternehmen versorgt, die Anzahl wird aufgrund des demographischen Wandels weiter steigen. Auch die ambulante Patientenversorgung wird in der Folge von Veränderungen im Gesundheits- und Krankenhauswesen zunehmen, denn Patienten sollen nach der Behandlung/Operation möglichst schnell in den ambulanten Bereich überführt werden. Damit werden die Weiterentwicklung und die Einführung der Telemedizin als Bestandteil der Regelversorgung einhergehen. eHealth, Telemedizin und -monitoring sowie die erforderliche Vernetzung sollen eine bessere, sichere, optimierte und kosteneffiziente Versorgung gewährleisten. Das ist insbesondere für die medizinische Betreuung chronisch kranker, älterer und pflegebedürftiger Menschen von Interesse. Smarte Textilien mit sensorischen und elektronischen Funktionen können hierzu einen wesentlich Beitrag leisten.

Für den Einsatz der Telemedizin und entsprechender Produkte beim Patienten sind noch intelligente, standardisierte Schnittstellen zu entwickeln und damit eine Interoperabilität der Systeme sicherzustellen. Wesentliche zu erfüllende Anforderungen sind eine gute Bedienbarkeit, eine hohe Ausfallsicherheit/Zuverlässigkeit, einfache Kommunikation (WiFi), Gewährleistung von Datenschutz und Konformität mit dem Medizinproduktegesetz.

Gesundheit und Fitness als attraktiver Markt

Wie aktuell das Thema ist, zeigt sich u. a. darin, dass nicht nur Unternehmen der Medizintechnikbranche sich damit befassen. Gesundheit und Fitness entwickeln sich für Technikfirmen zu attraktiven Märkten. So arbeiten Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie oder des Telekommunikationssektors an entsprechenden Lösungen. Die Deutsche Telekom hat jüngst mit der Deutschen Telekom Healthcare and Security Solutions eine eigene GmbH gegründet, um den Ausbau von IT und Telekommunikation im Gesundheitswesen voranzutreiben. Die Telekom hat derzeit diverse Telemedizin-Projekte laufen – diese fokussieren sich u. a. auf Indikationen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Diabetes, chronische Wunden, palliative Pflege und COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung).

Apple und Google haben vor kurzem ihre Versionen einer Gesundheitsplattform präsentiert: Sie soll dem Privatverbraucher helfen, Gesundheitsdaten über mehrere Wearable-Geräte und Plattformen hinweg zu verwalten. Hierbei arbeiten die Firmen mit führenden Sportartikelfirmen zusammen, die entsprechende „Wearable Electronics“ anbieten.

Healthcare Wearables und smarte Textilien

Betrachtet man den Markt für sogenannte „Wearable Electronics“ zeigt sich ein großes Potenzial: der Markt soll bis 2018 auf 8,3 Milliarden US-Dollar anwachsen, 2012 betrug der Umsatz etwa 2,7 Milliarden US-Dollar. Unter „Wearable Electronics“ versteht man tragbare elektronische Geräte, die über mobile Computersysteme und eine Netzanbindung verfügen. Experten erwarten, dass „Wearable Electronics“ in naher Zukunft nicht nur unseren Lebensstil, sondern unseren gesamten Alltag und unsere Kommunikationsweise nachhaltig verändern werden. Das Wachstum wird aktuell stark von den Entwicklungen in der Elektronik und Mikrotechnologie getrieben: Kompakte Chips, Kameras und Batterien, kostengünstige Sensoren und energieeffizienter Bluetooth-Funk ermöglichen es, Produkte rund um die Uhr mit dem Handy und dem Internet zu vernetzen. Zahlreiche Consumer-Produkte befinden sich bereits auf dem Markt. Sie können eine Vielzahl von Daten erfassen und in Echtzeit analysieren, z. B. Vitalparameter wie Aktivitäts- und Ruhephasen, Blutzuckerspiegel, BMI, Gewicht oder Körperfettwerte. Die Geräte sind meist kabellos mit Smartphone und Onlinetools verbunden, um die Daten zu Gesundheits-, Ernährungs- und Aktivitätsstatus umgehend auswerten zu können. Während für Spitzensportler die Dokumentation von physiologischen Parametern und Aktivitäten schon lange zum Alltag gehört, werden in Zukunft vor allem auch chronisch Kranke von neuartigen Biosensoren für nicht-invasive Verfahren, patientennaher Labordiagnostik und Point-of-Care Testing (POCT) sowie mikroelektromechanischen Systemen profitieren.
Ganz dicht dran am Kunden

Im Sport-, Gesundheits- und Medizintechnikbereich erlangen vor allem tragbare körpernahe Sensoren eine immer größere Bedeutung. So wird der Markt für sogenannte „Healthcare Wearables“ als der große Zukunftsmarkt gesehen. Textilien mit intelligenten Funktionen werden bei der Realisierung solcher Produkte für den medizinischen Einsatz eine wichtige Rolle spielen. Prognosen gehen davon aus, dass sich der globale Markt für smarte Textilien bis zum Jahr 2020 auf 1,5 Milliarden US-Dollar belaufen wird.

Das große Marktpotenzial beruht zum einen auf einer immer größer werdenden gesundheitsbewussten Bevölkerungsgruppe und deren Bestreben, Vitalparameter zu erfassen. Die Daten werden präventiv für eine umfassende Beurteilung des Gesundheitszustands eingesetzt und damit für die Optimierung des eigenen Lebensstils. Zum anderen wird die Entwicklung durch Trends wie eHealth und Telemedizin vorangetrieben.

Smarte Sensoren für smarte Textilien

Bei der Verwendung smarter Textilien wird oft zuerst an die Überwachung von Körperfunktionen wie Herz- und Atemrhythmus gedacht. Hierzu laufen vielfältige Forschungsvorhaben, z. B. die Entwicklung von Sensorfäden und textilbasierte Sensoren, die sowohl bei trockener als auch feuchter Haut zuverlässig funktionieren. Im Rahmen des bis 2015 andauernden Teilprojekts „IS-03 Smart Sensors A - Textile Integration körpernaher Sensorik“ des Spitzenclusters des Medical Valley EMN e.V. soll z. B. eine flächendeckende Testumgebung für solch innovative telemedizinische Produkte aufgebaut werden.

Derzeit arbeitet man z. B auch an der Entwicklung sogenannter Sensor-Pflaster, die kontinuierlich bestimmte Parameter überwachen und darüber hinaus Blutwerte überprüfen können. Die Werte werden drahtlos an ein Handy übertragen. Damit könnte die frühzeitige Erkennung von Krankheiten und die kontinuierliche Überwachung der Wirkung von Medikamenten Realität werden.

Drahtlose Blutdruckmessgeräte sind derzeit ebenfalls ein viel beachtetes Entwicklungsgebiet, vor allem für Langzeitüberwachungen über mehrere Stunden oder auch Tage. Der Prototyp eines neuartigen Armbands misst dank eines Sensors aus einer neuen piezoresistiven Hybridfaser wesentlich genauer als bisherige Produkte. Der Sensor misst den Anpressruck auf der Haut und kann Veränderungen der Signalstärke durch Verrutschen oder Muskelentspannung detektieren und die Messwerte entsprechend korrigieren. Die Messgenauigkeit wird dadurch um mehr als 70 Prozent gesteigert.

Smarte Textilien zur Überwachung der Wundheilung

Der Wundheilungsprozess ist sehr komplex. Jede Wunde ist mit Bakterien versehen; ist die Bakterienanzahl zu hoch, kann dies den Heilungsprozess verlangsamen oder vollends behindern. Unter bestimmten pathologischen Bedingungen wie Diabetes kann es sogar zur Entwicklung chronischer Wunden kommen. Allein in Deutschland leiden an die vier Millionen Menschen dauerhaft an chronischen Wunden. Die Kosten für die GKV belaufen sich auf über vier Milliarden Euro pro Jahr.

Neue Sensoren in Wundauflagen könnten ein effektiveres Monitoring des Wundheilungsprozesses und damit ein frühzeitigeres Erkennen von Wundinfektionen ermöglichen. Dies kann über in Textilien integrierte biochemische, chemische oder physikalische Sensorik erreicht werden. Industrie und Forschung arbeiten bereits in größeren Verbundprojekten an solchen Systemen.

Als Sensoren können z. B. bioresponsive Polymere verwendet werden: Sie reagieren auf biologische Reize wie enzymatische Prozesse mit einer Farbänderung oder der Freisetzung bestimmter Wirkstoffe. Sie können auf die Detektion spezifischer Enzyme „programmiert" und auf der Basis von Hydrogelen in Textilien eingebracht werden. Auf diese Weise ist es möglich, den aktuellen Zustand einer Wunde zu beurteilen und einen entstehenden kritischen Entzündungsprozess sehr frühzeitig zu erkennen.

Weitere Möglichkeiten sind die Anwendung pH-sensibler optischer Fasern oder von Indikatorfarbstoffen. Der Einsatz pH-sensibler optischer Fasern ist z. B. für die Überwachung bettlägerigen Patienten oder Personen mit Dekubitus interessant. Die Fasern detektieren eine Änderung des pH-Wertes des Schweißes im Falle einer Wundbildung. Textilien, versetzt mit einem speziellen Indikatorfarbstoff, können sowohl pH-Wert-Änderungen als auch Analyte wie Amine, Alkohole oder Zucker durch einen Farbumschlag oder Fluoreszenzänderung anzeigen. Das System an sich ist waschbar und reversibel, damit eignet es sich auch für andere Anwendungen wie Sensor-Schutzbekleidung.

Vor der Entwicklung sensorintegrierter textilbasierter Wundauflagen müssen die relevanten, zu überwachenden Wundparameter bestimmt werden, z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, pH-Wert oder Redox-Potential. Textilbasierte Lösungen sind für die Überwachung der ersten drei Parameter (Widerstandsthermometer, Kapazitäts- und Widerstandsmessung) möglich. Jedoch gilt es explizit zwischen der Entwicklung für eine trockene und feuchte Wundversorgung zu unterscheiden. So können für die trockene Wundversorgung entsprechende Sensoren in handelsübliche oder neu entwickelte Wundauflagen integriert werden. Für die feuchte Wundversorgung ist die Integration einer textilbasierten Sensoreinheit denkbar.

Smarte Textilien, die heizen oder kühlen

Während Operationen können Patienten, gerade bei längeren Eingriffen, einen erheblichen Wärmeverlust erleiden. Dies kann zu Komplikationen führen. Perioperative textile Patientenwärmesysteme können präventiv gegen Unterkühlungen/Hypothermien bei operativen Eingriffen eingesetzt werden. Vorteil des Wärmesystems ist ein schnelles Aufheizen auf 38° C innerhalb von drei Minuten. Gefertigt wird es aus einem Rundstrickstoff, in den strom- und wärmeleitfähige Garn verarbeitet sind. Dabei besteht jedes Modul aus einer Außenhülle und innenliegenden Heizelementen. Die Außenhülle kann abgenommen und in desinfizierenden Waschverfahren aufbereitet werden. Ebenso können die Heizelemente sterilisiert werden. Damit erfüllt das System, das kaum dicker ist als ein herkömmliches OP-Tuch, die Anforderungen an Hygienerichtlinien für OP-Textilien.

Manchmal ist aber nicht Wärme, sondern Kälte gefragt: Die schnelle Kühlung des Körpers auf 32° C bis 34° C nach einem akuten Herz-Kreislauf-Stillstand oder Schlaganfall kann schwerwiegende Hirnschädigungen vermeiden. Zu diesem Zweck wurde eine mobile, einfach zu bedienende, Notfall-Kühlweste entwickelt, die ohne Stromquelle innerhalb von zwei Minuten einsetzbar ist. Hierbei galt es insbesondere spezielle Anforderungen an die Materialien des textilen Kühlpads zu erfüllen. Mit ersten Produkten ist im Laufen dieses Jahres zu rechnen.

Weitere Entwicklungs- und Innovationsbeispiele

Smarte Textilien können aber auch zur Therapie genutzt werden, z. B. zur Verbesserung der Handmotorik bei Schlaganfall-Patienten oder bei Orthesen und Bandagen mit Biofeedback. Ein anatomisch passgerechter Handschuh mit zehn gestickten Fingerelektroden ermöglicht gezielte stimulierende Reize auf die einzelnen Finger und damit eine Verbesserung des sensomotorischen Verhaltens des Patienten.

Sensormatten können zur Vermeidung/Linderung von Dekubitus bei bettlägerigen Patienten beitragen. Bislang werden Luft-, Gel- oder Vakuumkissen verwendet, um Druckbelastungen zu reduzieren. Sie entlasten aber die betroffenen Areale nicht in optimaler Weise und die Patienten können selbst die Druckbelastung nicht aktiv beeinflussen. Spezielle Sensormatten sollen verhindern, dass sich Gewebeschäden bilden. Jüngst wurde eine Matte entwickelt, die aus herkömmlichen Schaumstoff und leitfähigen Garnen besteht. In einem Abstand von vier Zentimetern befinden sich Sensorzellen. Prinzipiell funktioniert die taktile Sensormatte wie ein Plattenkondensator, anstelle von Platten werden textile Komponenten verwendet. Im Gegenzug zu hochauflösenden Sensormatten, die mehrere Tausend Euro kosten, können von dieser Einzelstücke schon für wenige Hundert Euro gefertigt werden.

Sensortextilien können in Form von Strümpfen genutzt werden, um die Bein- und Fußform exakt zu vermessen bzw. die dynamische Druckverteilung zu bestimmen. Bei dieser Entwicklung bestehen die Steuerungs- und Messleitungen nur aus Textilien. Das intelligente Messinstrument passt sich flexibel an den Fuß an. Einsatzpotenziale bestehen u. a. für die Herstellung von Spezialschuhen, z. B. zur Verhinderung von wunden Füssen beim DFS (Diabetisches Fußsyndrom), oder zur individuell zugeschnittenen Produktion von Kompressionsstrümpfen.

Frühgeborene werden in der Regel über Wochen in Säuglings-Brutkästen intensiv medizinisch betreut. Die hier fehlende räumliche Begrenzung und nicht vorhandenen pränatalen sensorischen Reize durch die Gebärmutter führen oft zu erheblichen Spätfolgen: Die Kinder haben dann mit sensorischen und motorischen Defiziten zu kämpfen, die therapiert werden müssen. Diesem möchte man mit der Entwicklung einer „künstlichen Gebärmutter“ entgegenwirken, die die mütterliche Umgebung und Reizstimulation in den Brutkasten überträgt. Die Eigenschaften der Gebärmutter sollen realitätsnah mit Textilien nachgeahmt werden; ein motorischer Textilaktuator soll die sensorischen, motorischen und Gleichgewichtsreize vermitteln. Man rechnet bereits 2015 mit einem ersten Protoypen zur Erprobung in der Praxis.

Auch bei medizintechnischen Großgeräten bieten sich Anwendungsmöglichkeiten für textile Sensoren. Bewegbare Medizingeräte im Operationssaal erfordern einen hohen Personenschutz; eine Kollisionsdetektion ist nötig, die bei Kontakt mit Körperteilen den Sicherheitskreis des Gerätes auslöst. Für den Kollisionsschutz könnten zukünftig textile Systeme zum Einsatz kommen. Sie müssen jedoch vielfältige Anforderungen erfüllen wie Desinfizierbarkeit der Oberfläche, Biokompatibilität, technische Sicherheit, Design und Farbgestaltung. Derzeit werden unterschiedliche taktile Textil-Sensoren, u. a. kapazitive, resistive und induktive Varianten, untersucht.

Quelle: Medizintechnologie.deExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.

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