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 - Forschung-Entwicklung Dr. Jochen Bauer und Maja Krämer: Smarte Lösungen

Innovative Wundauflagen beugen Infektionen vor, fördern die Heilung und verbessern die Lebensqualität von Menschen mit chronischen Wunden. Dr. Jochen Bauer und Maja Krämer entwickeln diese Hightech-Verbände und forschen an smarten Lösungen für die Zukunft.

ArtikelHeidenheim, 05.05.2023

Als Maja Krämer mit 22 Jahren zum ersten Mal von Polen nach Deutschland kam, war sie sofort begeistert, wie viele Medizintechnikunternehmen es hierzulande gibt. „Ich studierte damals Medizintechnik an der University of Science and Technology in Krakau. Nach meinem Diplom habe ich auf Empfehlung meines Professors ein Praktikum in Deutschland gemacht. So kam ich nach Baden-Württemberg und war beeindruckt, wie viele Möglichkeiten ich dort hatte, um mich in einem Fachgebiet weiterzubilden“, erinnert sich Krämer.

Nach einem Praktikum im Bereich Medizininformatik zog es sie 2015 zur PAUL HARTMANN AG. Dort begann sie ein Praktikum im Bereich der Unterdrucktherapie, absolvierte ihren Master in Medizintechnik und fand schließlich eine Festanstellung im Bereich des modernen Wundmanagements.

HARTMANN ist ein Unternehmen mit Sitz im schwäbischen Heidenheim. Es entwickelt innovative Medizin- und Hygieneprodukte, die unter anderem bei der professionellen Wundversorgung unterstützen. Der Bedarf dafür ist groß: Allein in Deutschland leben schätzungsweise rund zwei Millionen Menschen mit chronischen Wunden. So nennt man Verletzungen, die innerhalb von acht Wochen nicht heilen, obwohl sie fachgerecht versorgt wurden. Helfen können dann nur noch spezielle Wundverbände, die aktiv in die Wundheilung eingreifen und die natürlichen Heilungsprozesse der Haut unterstützen.

Vielfältige Perspektiven in einer am Menschen orientierten Branche

„Ich habe mich schon immer für Medizin interessiert und wollte Produkte entwickeln, die Menschen helfen“, erzählt Krämer. Ein Wunsch, der sich bei HARTMANN realisieren und sie in Deutschland bleiben lässt. Heute entwickelt die 30-Jährige gemeinsam mit einem interdisziplinären Team innovative Verbandsmaterialien zur Versorgung chronischer Wunden. „Es ist schön, dass ich meine beruflichen Träume hier leben und etwas zum Wohl der Menschen beitragen kann. In der Medizintechnik kann ich meine Leidenschaft für Technologie und Entwicklung mit medizinischer Sachkenntnis kombinieren. Hinzu kommt, dass die Branche ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit hohem Wachstumspotenzial ist. Wer naturwissenschaftlich interessiert ist und gern im Team Neues entwickelt, findet hier einen Beruf mit Zukunft“, betont Krämer, die heute als Research-&-Development-)Managerin (R&D) im Team von Dr. Jochen Bauer arbeitet.

Mit innovativen Wundauflagen die Lebensqualität verbessern

Bauer ist promovierter Werkstoffingenieur und leitet den R&D-Bereich im Geschäftssegment Wundversorgung von HARTMANN: „Unser Ziel ist es, mit zukunftsweisenden, medizinischen Lösungen die Lebensqualität der Patienten und ihrer Angehörigen zu verbessern.“ Denn eine offene Wunde kann das Leben erheblich beeinträchtigen. Oft schmerzt oder nässt sie so stark, dass Betroffene das Haus nicht mehr verlassen. „Herkömmliche Schaumverbände haben zwar eine hohe Saugfähigkeit und können viel Wundsekret aufnehmen. Doch sobald Druck auf den Verband kommt, wird die Feuchtigkeit wieder abgegeben. Für Betroffene ist das ein Problem: Aus Sorge, dass der Verband beim Sitzen durchnässt, trauen sie sich zum Beispiel nicht mehr ins Kino oder Theater. Schlimmstenfalls ziehen sie sich immer mehr aus ihrer Umwelt zurück und vereinsamen“, berichtet Bauer.

Damit Menschen mit chronischen Wunden wieder am Leben teilhaben können, haben er und sein Team eine superabsorbierende, silikonisierte Wundauflage entwickelt, die auch unter Druck die Feuchtigkeit hält und den Heilungsprozess aktiv unterstützt. Eine weitere Innovation sind sogenannte hydroaktive Wundauflagen zur feuchten Wundversorgung. Beide Arten von Wundauflagen decken die Wunde nicht nur ab, sondern schaffen auch ein ausgewogenes Mikroklima. So verhindern sie das Austrocknen und erhalten das feuchte Wundmilieu, in dem die Haut optimal heilen kann. Ein kleiner, aber feiner Unterschied im Verbandmaterial, durch den Betroffene wieder aktiv und selbstbestimmt leben können.

Digitale Lösungen für mehr Freiheit im Alltag

Um differenziert auf die Bedürfnisse von Mediziner:innen, Pflegekräften sowie Patient:innen und Angehörigen eingehen zu können, arbeitet das R&D-Team bei der Entwicklung neuer Produkte eng mit diesen (Fach-)Gruppen zusammen. „Die Anwendung unserer Produkte soll so einfach wie möglich sein, damit sie sicher und zielgerichtet eingesetzt werden können. Sie müssen für alle handelbar sein – auch für pflegende Angehörige“, betont Maja Krämer. In Zukunft sollen die Verpackungen deshalb mit einem QR-Code bedruckt sein, der zu leicht verständlichen Erklärvideos führt. Um den Pflegealltag im Krankenhaus oder in der Arztpraxis zu erleichtern, wird bei HARTMANN zudem intensiv an digitalen Lösungen für die Wunddokumentation gearbeitet.

Herausforderungen in einem regulierten Markt erschweren Innovation

Beispiele wie diese zeigen: Innovationskraft liegt heutzutage nicht nur im Produkt selbst, sondern in der Unterstützung der gesamten Prozesskette – von der Diagnose bis hin zur Versorgung von chronischen Wunden. Aufgrund des hohen Kostendrucks sei es jedoch immer anspruchsvoller, Innovationen auf den deutschen Markt zu bringen, sagt Bauer. „Durch den wachsenden Anteil älterer Menschen müssen immer mehr Wunden versorgt werden, im Gesundheitswesen steht dafür aber nicht mehr Geld zur Verfügung. Es ist herausfordernd, Produkte zu entwickeln, die innovativ sind, aber nicht mehr kosten sollen. In Zukunft sollte der Versorgungsbedarf für chronische Wunden der Bevölkerung bei der Innovationsförderung stärker in den Fokus rücken.“

Hinzu komme, dass die Europäische Verordnung für Medizinprodukte (MDR), die HARTMANN als eines der ersten Unternehmen bereits gänzlich umsetzt, mehr Zeitaufwand und Kosten bei der Neuzulassung eines Produktes verursache. „Früher war es selbstverständlich, ein Produkt zuerst in Deutschland oder Europa auf den Markt zu bringen. Heute ist es unter Umständen einfacher, in den USA zu starten. Wir brauchen vereinfachte, risikobasierte und klare Zulassungsprozesse, damit Innovationen künftig nicht nur auf anderen Märkten stattfinden.“

Höhere Produktionskosten im Vergleich zu Nicht-EU-Ländern erschweren die Produktion in Europa zusätzlich. Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, sind politische Rahmenbedingungen notwendig, die es den Herstellern ermöglichen zu investieren. Dazu gehört auch Rechtssicherheit für die Planung und Weiterentwicklung moderner Wundauflagen und ergänzender Lösungen. Denn am Ende zählt nur eines: die Versorgung zu verbessern und Menschen in Notlagen zu helfen. Daran arbeitet die gesamte Branche.

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