- Umweltrecht Übersicht: „Laufende Initiativen“ Vorgaben für die MedTech-Branche
Die MedTech-Branche ist von zahlreichen umweltrechtlichen Vorgaben direkt oder indirekt betroffen. Mit unserem Infoservice zum Umweltrecht geben wir eine Übersicht zu den wichtigsten nationalen und europäischen Rechtsakten sowie den entstehenden Pflichten. In diesem Artikel legen wir einen Fokus auf „Laufende Initiativen“ – hier geht es zum Artikel auf Englisch. Mehr Rechtsakte finden Sie hier.
Artikel31.07.2025
Dieses Themenblatt gibt einen Überblick über ausgewählte, laufende Initiativen, die noch nicht in Form eines beschlossenen Rechtsaktes vorliegen. Damit sollen anstehende Entwicklungen bereits im Vorfeld aufgezeigt werden.
Änderung der Abfallrahmenrichtlinie – Erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien
Am 05.07.2023 hat die EU-Kommission einen VorschlagExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. zur Überarbeitung der EU-Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG vorgelegt, der in Art. 22a ff. unter anderem die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien vorsieht.
Vom sachlichen Anwendungsbereich in Anhang I sind Haushaltstextilien, Bekleidungstextilien und Bekleidungszubehör und auch Schuhe, Bekleidung und Bekleidungszubehör, hauptsächlich aus anderem Material als Textilien über die Bezugnahme auf bestimmte KN-Codes erfasst. Medizinprodukte in diesen Bereichen sind weder explizit aufgeführt noch ausgeschlossen, sodass durchaus auch Medizinprodukte betroffen sein könnten.
In personeller Hinsicht steht der sog. Hersteller im Mittelpunkt der Regulierung. Zusammengefasst ist dies in der Regel der in einem Mitgliedstaat niedergelassene Produzent, Quasi-Hersteller, Weiterverkäufer unter eigenem Namen und Importeur, sowie Fernabsatzhändler, die direkt an Endverbraucher verkaufen. Ausgenommen sind insbesondere Kleinstbetriebe und Maßschneider, sowie Second-Hand-Vertreiber.
Inhaltlich werden sich Hersteller künftig in jedem Mitgliedstaat, in dem sie betroffene Produkte in Verkehr bringen, registrieren lassen müssen und über Organisationen der Herstellerverantwortung die finanziellen und organisatorischen Lasten der Rücknahmen, Sammlung und weiteren Handhabung von Alttextilien tragen müssen. Darüber hinaus sollen auch Verbraucherinformations-, Dokumentations- und Berichtspflichten eingeführt werden.
Der Vorschlag enthält dabei auch Klauseln zum Schutz der Sammlung durch Sozialunternehmen.
Inzwischen sind die Trilogverhandlungen erfolgreich beendet und der TextExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab. der vorläufigen Einigung muss nun im Parlament beschlossen werden. Hierfür ist aktuell der 06.10.2025 vorgesehen, sodass die nationalen Umsetzungsregelungen bei einer zeitnahen Verkündung Mitte/Ende 2027 in Kraft treten müssten.
Recht auf Reparatur
Mittlerweile wurde die Richtlinie (EU) 2024/1799 zum Recht auf Reparatur (oft „R2R“ genannt) verabschiedet. Die neuen Regelungen sind bis zum 31.07.2026 in nationales Recht umzusetzen und anzuwenden.
Die Richtlinie soll für bestimmte von Verbrauchern gekaufte Waren gelten, also im B2C-Bereich. Die umfassten Produktgruppen sind in einem Anhang des Entwurfs aufgezählt. Es handelt sich um folgende Produkte, für die Ökodesignanforderungen definiert sind:
- Waschmaschinen und Waschtrockner
- Geschirrspüler
- Kühlgeräte
- Elektronische Displays
- Schweißgeräte
- Staubsauger
- Server und Datenspeicherprodukte
- Mobiltelefone, schnurlose Telefone und Tablets
- Haushaltswäschetrockner und
- Waren, die Batterien für leichte Verkehrsmittel enthalten (etwa E-Bikes und E-Scooter)
Die Produktgruppen können künftig noch erweitert werden.. Das bedeutet aber auch, dass das eigentliche/neue Recht auf Reparatur nach aktuellem Stand des Entwurfs Medizinprodukte nicht umfassen wird, da für diese keine solchen Ökodesignanforderungen bestehen und diese im Anhang des Richtlinienentwurfs nicht aufgeführt sind.
Kern der vorgeschlagenen Regelung ist eine neu geschaffene gesetzliche Verpflichtung, die von der Regelung umfassten Waren kostenlos oder gegen Entgelt zu reparieren, wenn eine Reparatur möglich ist. Die Möglichkeit, die Reparatur auch nur entgeltlich anzubieten, ist aufgrund der Regelung geboten, dass der Mangel auch erst vom Endkunden verursacht worden sein kann. Insbesondere in diesen Fällen eines selbst verursachten Mangels wäre es unbillig und kostenmäßig nicht kalkulierbar, auch noch kostenlose Reparaturen vorzusehen.
Zur Reparatur verpflichtet ist nach dem vorgestellten Konzept grundsätzlich der Hersteller, wobei die Beauftragung von Subunternehmern ausdrücklich zulässig ist. Hat der Hersteller seinen Sitz außerhalb der EU, soll die Reparaturpflicht seinen Bevollmächtigten treffen. Gibt es auch keinen Bevollmächtigten, trifft die Reparaturpflicht stattdessen auch den Importeur des Produkts. Subsidiär kann auch der Händler für die Reparatur verantwortlich sein, wenn es auch keinen Importeur geben sollte. Durch die ausführliche und weitreichende Regelung soll erkennbar sichergestellt werden, dass die Verbraucher einen Schuldner der Reparaturpflicht innerhalb der EU haben.
Vorgesehen ist ein Formular für Reparaturinformationen. Anders als in früheren Gesetzesentwürfen ist die Verwendung dieses Formulars aber nicht mehr verpflichtend. Als Anreiz wird bei Verwendung des Formulars aber die Erfüllung bestimmter europarechtlicher Informationspflichten vermutet.
Zudem soll mit der neuen Richtlinie auch das Kaufrecht modifiziert werden. Diese Änderungen werden für alle Produkte gelten und damit auch Medizinprodukte umfassen. Zwar wird das schon bisher im Rahmen der kaufrechtlichen Nacherfüllung bestehende freie Wahlrecht des Käufers zwischen beiden Nacherfüllungsvarianten beibehalten. Jedoch sind neue Regelungen vorgesehen, um den Käufer zu einer Wahl der Nachbesserung zu bewegen. Als Anreiz für die Nachbesserung wird die Gewährleistungsfrist für den Käufer einmalig um ein Jahr verlängert. Geht man von der bisher zweijährigen Gewährleistungsfrist im deutschen Kaufrecht aus, wird dies in Fällen, in denen der Käufer die Nachbesserung wählt, daher zu einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist um 50 % auf dann drei Jahre führen. Zudem wird eine neue Hinweispflicht geschaffen. Der Verkäufer muss den Verbraucher als Käufer in Zukunft vor der Ausführung der Nacherfüllung auf sein Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung und über die Verlängerung der Gewährleistungsfrist im Falle der Nachbesserung ausdrücklich hinweisen. Diese Änderungen sind von hoher Praxisrelevanz.
Zu erwähnen ist schließlich, dass die R2R-Richtlinie auch in den Anhang der europäischen Verbandsklagenrichtlinie aufgenommen wird. Damit wird das neue Recht auf Reparatur auch „verbandsklagefähig“ sein, also von zahlreichen Verbrauchern gebündelt gegen den Schuldner, in der Praxis wohl meist gegen den Hersteller, im Wege einer (ggf. europaweiten) Sammelklage gerichtlich geltend gemacht werden können.
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© Bundesverband Medizintechnologie e.V. (BVMed) in Zusammenarbeit mit Ahlhaus Handorn Niermeier Schucht Rechtsanwaltsgesellschaft mbH („Produktkanzlei“).
Diese Übersicht ersetzt keine Einzelfallprüfung.