- Qualitätsdiskussion G-BA-Chef Hecken beim BVMed: "Strukturqualität festschreiben"
Artikel05.06.2014
In der Qualitätsdiskussion setzt sich der Unabhängige Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, für eine klare Festschreibung der Strukturqualität in der medizinischen Versorgung ein. Strukturvorgaben wie Personalschlüssel, technische Voraussetzungen oder Notfallteams bei Komplikationen müssten dann aber auch verbindlich eingehalten und durchgesetzt werden, sagte Hecken auf einem BVMed-Gesprächskreis am 4. Juni 2014 in Berlin. Der gesetzliche Rahmen für die verbindliche Festschreibung von Strukturqualität könne zügig geschaffen werden. Die Strukturqualität müsse sektorenübergreifend diskutiert werden. Dazu gehöre die Herausforderung, den Patienten ohne zusätzlichen Aufwand nachverfolgen zu können. Nur auf dieser Basis könnten dann Ergebnisqualitäts-Diskussionen mit entsprechenden Konsequenzen geführt werden. Das brauche aber Zeit. "Pay for Performance wird ein schwieriges und langwieriges Projekt", so Hecken.
Die notwendige Marktbereinigung auf Seiten der Krankenhäuser werde sich laut Hecken eher über solche verbindlichen Strukturvorgaben ökonomisch herbeiführen lassen, da sie über die Krankenhausplanung der Länder aus politischen Gründen nicht herbeiführbar sei. Einhergehend mit der Strukturbereinigung in der Krankenhauslandschaft könne man dann auch einen Innovationszuschlag einführen. Damit reagierte Hecken auf den Vorschlag von Gunter Gotal, Kaufmännischer Vorstand des Universitätsklinikums Greifswald, medizintechnische Innovationen im DRG-System mit einem eigenen "Innovationsbudget" zu versehen. Bei der BVMed-Gesprächsrunde nannte Gotal beispielhaft die Summe von 2 Milliarden Euro für rund für 200 "Innovationszentren".
Der Forderung nach einer Strukturreform schloss sich auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, an. Ziel des Parlaments sei es, Strukturveränderungen anzugehen, "solange es einem gut geht". Die sektorenübergreifende Qualitätsmessung spiele dabei eine wichtige Rolle. Spahn sprach sich zudem für klare Fristen der G-BA-Bewertungsverfahren aus. Im Koalitionsvertrag sei hier die Zielmarke von 2 Jahren im Rahmen der Studien zur Erprobungsregelung genannt worden. Die Forderung nach klaren Fristen wird von G-BA-Chef Hecken geteilt. Ihm ist es wichtig, Methodenbewertungen für den ambulanten Bereich zu beschleunigen, "um sinnvolle Innovationen schneller in die Fläche zu bringen". "Ich sehe den G-BA nicht als Verhinderungsinstrument, sondern als Instrument, um Spreu vom Weizen zu trennen und Behandlungen zu optimieren", so Hecken vor rund 30 BVMed-Unternehmensvertretern. Dabei sei es besser, Preise dann auch bundesweit einheitlich zu verhandeln und festzulegen.
Zum Qualitätsinstitut bemerkte Hecken, dass es sich hier nicht um einen neuen Ansatz handle, sondern um eine Verstetigung der bisherigen Arbeit des Qualitätssicherungsinstituts, um nicht regelmäßig neu ausschreiben zu müssen. In einem ersten Schritt sollte die Diagnosequalität erhöht werden, dann werde sich auch die Behandlungsqualität verbessern. Als Beispiel nannte Hecken den minimalinvasiven Herzklappenersatz (TAVI). Dies sei eine sehr gute medizintechnische Methode für ein bestimmtes Patientenklientel. Der dramatische Anstieg der Fallzahlen durch eine Indikationserweiterung müsse aber verhindert werden. Die Erhöhung der Diagnosequalität der Kardiologen könne beispielsweise durch eine Zweitmeinung durch den Herzchirurgen erreicht werden.
Beim Thema Nutzenbewertung von Medizintechnologien sprach sich der G-BA-Vorsitzende für eine "bestverfügbare Evidenz" aus. Akademische Diskussionen und das Beharren auf dem höchsten Evidenzlevel würden nicht weiterhelfen. Zudem will sich Hecken auf den eng definierten Bereich der Hochrisikoprodukte beschränken. BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt stellte klar, dass sich die Unternehmen der Medizintechnologie dem Thema Nutzenbewertung stellen würden. Der BVMed setze sich aber für eine sachgerechte Nutzenbewertung ein, die ein differenziertes Vorgehen bei Medizinprodukten nach Risikoklasse und Modifikationsgrad (Me-too-Verfahren, Schritt- oder Sprunginnovation) vorsieht. Damit wäre bei Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) klar: Wo brauchen wir randomisierte kontrollierte Studien? Wo sind klinische Daten erforderlich? Wo sind andere Daten ausreichend?
Hier finden Sie Bilder zur BVMed-Gesprächsrunde.