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 - COVID-19 Nach COVID-19: Zehn Punkte der MedTech-Branche Gastbeitrag des BVMed in der f&w-Ausgabe Juli 2020

ArtikelBerlin, 06.07.2020

Mit dem wochenlangen Lockdown hat die Politik zu gesellschaftlich sowie wirtschaftlich sehr harten Maßnahmen gegriffen, die erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung, aber auch auf die MedTech-Branche hatten. Lieferketten und Arbeitsprozesse in den MedTech-Unternehmen wurden unterbrochen oder mussten neu aufgestellt werden. Eine Vielzahl von Operationen und planbaren Terminen wurden verschoben. Patienten scheuten sich angesichts der Corona-Krise vor dem Gang zum Arzt. Den Hilfsmittel-Leistungserbringern und Homecare-Unternehmen war der Zugang zu Patienten im medizinischen und pflegerischen Bereich teilweise versperrt.

In der Diskussion zur Überwindung der COVID-19-Krise geht es darum, die notwendige Patientenversorgung in allen Bereichen wieder sicherzustellen, die Arbeitsfähigkeit der medizinischen Einrichtungen zu gewährleisten sowie die gesundheitspolitischen Maßnahmen mit Entscheidungen zur Unterstützung der MedTech-Branche im Rahmen eines Konjunkturprogramms zu verbinden.

Was können wir aus der COVID-19-Krise lernen? Der BVMed schlägt hierzu folgende zehn Punkte vor:

1. Freien Warenverkehr fördern

Logistik und Lieferketten wurden durch Corona massiv behindert. Der Abbau von Handelsbarrieren und die Vereinfachung von Zollverfahren helfen massiv, den Warenverkehr wieder fließen zu lassen. Deutschland, die EU und ihre Handelspartner sollten beides schnell umsetzen. Die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts, die im Zuge der Corona-Maßnahmen vorübergehend eingeschränkt wurde, und der barrierefreie Grenzübertritt innerhalb der EU für Waren und Pendler müssen rasch und vollkommen wiederhergestellt werden.

2. Größere strategische Unabhängigkeit

Globale Lieferketten sind für die MedTech-Branche enorm wichtig, aber nicht alles. Wir brauchen eine Doppelstrategie. Wir müssen auch diversifizieren, um einseitige Abhängigkeiten zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Wir müssen in einem „MedTech-Dialog“ Maßnahmen entwickeln, um Deutschland als Produktions- und Forschungsstandort im Bereich der Medizintechnik zu sichern und zu stärken – und damit eine größere strategische Unabhängigkeit zu erreichen. Investitionskosten-Erstattung für nationale Produktionslinien ist dabei ein sinnvoller Weg, die Maßnahmen müssen aber nachhaltig.

3. Strategische Reserve aufbauen

Zu dem erforderlichen MedTech-Dialog gehört auch, dass die Bundesregierung gemeinsam mit allen relevanten Akteuren definiert, welche Produkte zur Aufrechterhaltung einer systemrelevanten Infrastruktur gehören und vorgehalten werden sollten, damit auch in Krisenfällen die Patientenversorgung in Deutschland gewährleistet ist. Daraus folgend muss eine ausreichende Bevorratung von Produkten für Notfälle aufgebaut werden, die über das Thema der persönlichen Schutzausrüstung hinausgeht. Es geht beispielsweise auch um lebensnotwendige und –erhaltende Produkte aus dem intensivmedizinischen Bereich.

4. Europäische Lösungen anstreben

Nationale Alleingänge auf europäischer Ebene haben in der Coronakrise mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet. Wir brauchen bei Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Folgen deshalb eine europäische Strategie und europaweit abgestimmte Maßnahmen. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sollte die zweite Jahreshälfte 2020 dafür nutzen, solche europäischen Lösungen voranzutreiben. Dazu gehören Maßnahmen zur Sicherstellung des freien Warenverkehrs, zur besseren Infektionsprävention sowie zur reibungslosen Umsetzung der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR).

5. Die Krise als Innovationstreiber nutzen

Zur Abmilderung der Krisenschäden in der Wirtschaft wurden in kürzester Zeit bürokratische Erleichterungen beschlossen und sehr praktikable digitale Lösungen ermöglicht. Insofern ist die Krise auch ein Innovationstreiber. Die Erleichterungen für die Wirtschaft, die sich als wirksam erwiesen haben, sollten nach der Krise beibehalten und sogar ausgeweitet werden. Dazu gehören auch telemedizinische Lösungen sowie flexiblere Lösungen bei der Verordnung von Hilfs- und Verbandmitteln.

6. Entbürokratisierung durch digitale Lösungen

Die inzwischen überbordende Bürokratie und Reglementierung sollte jetzt insgesamt auf den Prüfstand gestellt werden. Wir sollten die Krise dazu nutzen, Auflagen und Einschränkungen zu reduzieren, praktikabler zu gestalten oder wo möglich ganz abzuschaffen. Digitalisierung und bessere Datennutzung können hier helfen.

7. Belastungs-Moratorium

Wir brauchen ein Belastungs-Moratorium bei denjenigen Gesetzesvorhaben, die den Wiedereinstieg ins Wirtschaftsleben zusätzlich erschweren. Dies gilt auf allen Ebenen: von der EU, über den Bund und die Länder bis zu den Kommunen. Die aktuellen Bedingungen lassen keinen Platz für Rechtsverschärfung und neue gesetzliche Auflagen. Hierzu zählen insbesondere das Umwelt- und Chemikalienrecht sowie die Verteuerung der Energiepreise.

8. DRG-System anpassen

Das deutsche DRG-System muss an die Sondersituation durch die Folgen der COVID-19-Pandemie angepasst werden. Um die Patientensicherheit in den Fokus zu stellen, müssen qualitätsorientierte Versorgungsprozesse etabliert werden. Qualität in der Versorgung, von Produkten und Dienstleistungen muss belohnt werden. Um den Krankenhäusern ein effektives Wirtschaften zu ermöglichen, ist es notwendig, Sachkosten, Service, Logistik und Dienstleistungen leistungsgerecht zu vergüten. Die Kürzung der Sachkosten im DRG-System muss zurückgenommen werden. Kostendruck gefährdet die Patientensicherheit. Die hohe Qualität und Exzellenz von Medizinprodukten ist mit kontinuierlich sinkenden Preisen nicht vereinbar. Der Fixkostendegressionsabschlag muss durch eine Anpassung des Krankenhausentgeltgesetzes auch für die Jahre 2021 und 2022 ausgesetzt werden, da die Nachholeffekte bis weit nach dem Ende der Pandemie wirken werden. Kostensteigerungen, die durch die Corona-Krise in bestimmten Produktbereichen entstanden sind und auch zukünftig relevant sein werden, müssen zusätzlich zeitnah in der DRG-Kalkulation berücksichtigt werden.

9. Medizinprodukte einheitlich mitdem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuern

Aktuell werden Medizinprodukte unterschiedlich besteuert. Dies führt in der Praxis, insbesondere bei Implantaten und in der Inkontinenzversorgung, immer wieder zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Wertungswidersprüchen. Da Krankenhäuser und Ärzte nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind, kann durch die generelle Anwendung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Medizinprodukte eine erhebliche Entlastung der Gesundheitseinrichtungen und Krankenkassen angesichts der erhöhten Kosten durch die Corona-Krise erreicht werden. Hierfür müssen alle Medizinprodukte in die Anlage 2 Nummer 52 zum Umsatzsteuergesetz (Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände) aufgenommen werden.

10. Medizintechnologien als Leitindustrie

Wir müssen künftig stärker in technische Lösungen investieren und den technischen Fortschritt fördern, um die Patientenversorgung zu optimieren und das Personal effizienter einzusetzen. Die medizintechnische Branche kann mit ihrem Knowhow Lösungen für effizientere Prozesse entwickeln und Behandlungsabläufe verbessern, Eingriffe schonender vornehmen und die Patientenversorgung sektorenübergreifend managen.
Neue technische Lösungen sind unsere Rohstoffe. Hier liegt insbesondere in digitalen Prozessen und der Nutzung von Daten großes Potenzial. Das sind Schätze, die Deutschland heben muss. Wir müssen Innovationen produzieren, nicht importieren. Dafür brauchen wir mutige regulatorische Rahmenbedingungen dringender als Steuergelder. Wir brauchen einen
Strategieprozess und die Entwicklung eines Zielbildes, um „MedTech in und aus Deutschland“ als Leitindustrie zu etablieren.

Fazit

Mittel- und langfristig benötigen wir einen gesamtgesellschaftlichen Dialog über die Bedeutung des MedTech-Standorts Deutschland und ein Konjunkturprogramm für die überwiegend mittelständisch geprägte Medizinprodukte-Branche – möglichst abgestimmt auf europäischer Ebene.

Quelle: Gastbeitrag für f&w, Ausgabe Juli 2020, von Dr. Marc-Pierre Möll, Geschäftsführer Bundesverband Medizintechnologie – BVMed, Berlin

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