- 24.07.2017 „Meine Krankheit soll nicht mein Leben bestimmen“, Olaf Lüken 48 Jahre Erkrath Multiple Sklerose, seit 2000 im Rollstuhl
Artikel24.07.2017
„Warum soll ich mir etwas stilllegen lassen, das noch funktioniert? Und das für den Rest meines Lebens?“ Diese Fragen trieben Olaf Lüken vor vier Jahren um, als bei ihm klar war, was seine ständigen Harnwegsinfekte verursachte. In Folge einer seit dem 16. Lebensjahr schleichend fortschreitenden Erkrankung an Multipler Sklerose wurde bei ihm eine neurologische Blasenstörung diagnostiziert. Er konnte seine Blase nicht vollständig leeren. Die zurückbleibenden Bakterien riefen immer neue Infektionen hervor. „Als Lösung bot sich bei mir die Selbstkatheterisierung an. Damit bekomme ich die Blase komplett leer und die Bakterien verschwinden, so dass weitere Entzündungen verhindert werden.“
Was sich so einfach sagt und heute auch so funktioniert, war es aber zunächst nicht.
ISK bietet individuelle Freiheit und Sicherheit
Da Lüken seit 2000 gelernt hat, geschickt mit dem Rollstuhl umzugehen, wird er bei medizinischen Diagnosen oft wie ein Querschnittsgelähmter behandelt. Das ist er aber nicht. „Ich habe ein Problem mit der Blase. Ich kann sie nicht mehr so gut wie früher kontrollieren, aber es geht noch“, erklärt der 48-Jährige. „Ich kann zum Beispiel nachts problemlos im Bett liegen und merke ganz normal, wenn die Blase voll ist. Dann fahre ich zur Toilette.“ Die erste ihm angebotene Standardversorgung war jedoch, die Blase ganz stillzulegen und nur noch zu katheterisieren. Das wollte Lüken nicht: „Die Funktion ist ja noch da.“
Der intermittierende Selbstkatheterismus (kurz ISK) bot Lüken in Kombination mit Medikamenten Hilfe. Zwei Mal am Tag leert er nun mit einem Katheter seine Blase vollständig und trägt tagsüber zur Sicherheit ein Urinalkondom. Für ihn das richtige Maß an Selbstbestimmung und Sicherheit. Mehr noch: „Das gibt mir die Freiheit, die ich gerne haben möchte. Ich will den Zeitpunkt und die Methode wählen.“ Lüken sieht bei der Inkontinenzversorgung generell die Gefahr, dass die Individualität auf der Strecke bleibt. „Wir werden in Schubladen gepackt, was zu einer einheitlichen Versorgung führt, und das hat dann gefälligst die richtige Lösung zu sein.“ Man müsse jedoch die Betroffenen und ihre Möglichkeiten respektieren. Er könne beispielsweise seine Hände voll bewegen und nutzen, deshalb sei der ISK für ihn die beste Wahl.
Versorgung nach individuellem Bedarf
Bisher habe er immer die richtigen Produkte erhalten und auch keine Probleme mit Kostendruck gespürt, sagt Lüken. Allerdings befürchte er durchaus, dass sich das in Zukunft ändern könnte. Er habe zu Beginn der Selbstkatheterisierung in einer Ambulanz verschiedene Produkte zur Auswahl gehabt. Das damals gewählte nutzt er noch heute. Gelegentlich probiere er neu auf den Markt kommende Angebote aus, erkenne aber meistens schon beim Auspacken, dass sie für ihn nicht geeignet seien. „Es gibt gute medizinische und praktische Gründe, warum ich bei meinem Produkt bleiben möchte. Es ist für mich persönlich das Beste“, sagt Lüken. „Lebensqualität ist für mich, dass mein Leben nicht von der Krankheit, sondern von mir bestimmt wird. Dazu benötige ich die Hilfsmittel, die richtig für mich sind – und nicht die, die jemand anderes für richtig hält.“