- Herz-Kreislauf-Erkrankungen Nationale Herz-Allianz und Internisten: Gesundes-Herz-Gesetz ist ein guter Anfang
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie und acht weitere medizinische Fachgesellschaften unterstützen nachdrücklich die im „Gesundes-Herz-Gesetz“ verfolgten Ziele. Die Gesellschaften sehen allerdings noch weiteres Gestaltungspotential, vor allem bei der Primär- und Verhältnisprävention. Ziel müsse eine langfristig angelegte, nationale Herz-Kreislauf-Gesundheitsstrategie sein.
ArtikelDüsseldorf, 29.07.2024
Im westeuropäischen Vergleich gehört Deutschland zu den Schlusslichtern bei der durchschnittlichen Lebenserwartung – obwohl wir pro Kopf am meisten für Gesundheit ausgeben. Ein wesentlicher Grund dafür ist vermutlich die mangelhafte Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die wichtigsten, jedoch modifizierbaren (oder beeinflussbaren) Risikofaktoren für diese Erkrankungen sind das Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht und erhöhte Cholesterinwerte. Und während die Anzahl von jungen Raucherinnen und Rauchern bedauerlicherweise zunimmt, werden gleichzeitig andere kardiovaskuläre Risikofaktoren zu spät erkannt: Bluthochdruck wird nur unzureichend kontrolliert und über 80 % der Personen mit einem hohen oder sehr hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erreichen die LDL-Cholesterinzielwerte nicht. Durch rechtzeitiges Erkennen und Prävention könnten mehr als die Hälfte der Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindert werden, was mittelfristig verfrühte Todes- und Krankheitsfälle verhindern könnte.
Acht Fachgesellschaften stehen geschlossen hinter der Stellungnahme der DGK
Der Entwurf zum Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit (Gesundes-Herz-Gesetz – GHG) enthält viele Vorschläge, die mangelnde Früherkennung von Risikofaktoren und die Prävention in Deutschland zu verbessern. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK) begrüßt daher in ihrer aktuellen, dem Bundesgesundheitsministerium vorliegenden Stellungnahme ausdrücklich die Ziele des Gesetzes. Dem schließen sich die herzmedizinischen Fachgesellschaften der Nationalen Herz-Allianz, die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) sowie der Deutsche Rat für Wiederbelebung (German Resuscitation Council – GRC) an.
Evidenz-basierte Präventions- und Behandlungsmaßnahmen
Die von acht Fachgesellschaften unterstützte Stellungnahme der DGK schätzt auf Basis der wissenschaftlichen Evidenz – knapp 60 Quellen zu wissenschaftlichen Arbeiten, Leitlinien und Studien bilden den Anhang der Stellungnahme – die geplanten Maßnahmen ein und ergänzt beziehungsweise konkretisiert die Vorschläge des Gesetzesentwurfes.
Mit der Aufnahme von Lipid-Screenings in die U9-Untersuchung bei Kindern – statt in die im Gesetzesentwurf geplante J1-Untersuchung – kann einfach, kostengünstig und zuverlässig eine angeborene Blutfettstoffwechselstörung (Familiäre Hypercholesterinämie, (FH) entdeckt und in diesen seltenen Fällen eine gezielte Therapie eingeleitet werden. Die FH ist mit einer Prävalenz von 1:250 eine der häufigsten Erbkrankheiten. Betroffene haben auch trotz eines gesunden Lebensstils hohe LDL-Cholesterinwerte und schon ab einem Alter von 35 Jahren ein erheblich gesteigertes Herzinfarktrisiko. Aufgrund der hohen Teilnahmerate von 98% plädiert die DGK für die U9-Untersuchung als bestgeeigneten Zeitpunkt, um möglichst viele Kinder zu identifizieren. Nach einer kostengünstigen Cholesterinbestimmung folgt in Verdachtsfällen eine genetische Diagnostik. Bestätigt sich so die Verdachtsdiagnose, profitieren diese Kinder von einer medikamentösen Therapie, welche frühzeitige Herzinfarkte vermeidet.
Prinzipiell ist festzuhalten, dass eine grundsätzliche, konsequente Behandlung des Bluthochdrucks wie auch von erhöhten Blutfettwerten ein niedrigeres Risiko für Atherosklerose bedeuten. Mit einer Vielzahl Blutdruck-senkender Medikamente wie mit Statinen stehen prinzipiell kostengünstige, gut verträgliche und erwiesen wirksame Medikamentengruppen zur Behandlung dieser in der Bevölkerung weit verbreiteten Risikofaktoren zur Verfügung. Die DGK begrüßt diesbezüglich den Vorstoß, Hochrisikopatientinnen und -patienten leitliniengerecht Statine zukünftig besser zugänglich zu machen. Sie betont aber auch, dass die Entscheidungsprozesse für die Versorgung beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) liegen. Dieser fällt sein Urteil unter Berücksichtigung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin und des aktuellen Forschungsstands.
Die DGK unterstützt die geplanten „Herz-Check-ups“ im Erwachsenenalter, um kardiovaskuläre Risikofaktoren zu erkennen und zu behandeln. Mit Verweis auf die SCORE2-Berechnung und die aktuelle Studienlage plädiert die DGK allerdings dafür, diese ab dem 40. Lebensjahr durchzuführen.
GHG ist ein erster wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem höheren Ziel
„Das Gesundes-Herz-Gesetz gehört zu den wichtigsten gesundheitspolitischen Vorhaben der letzten Jahrzehnte“, heißt es in der Stellungnahme. DGK-Präsident Prof. Dr. Holger Thiele ergänzt: „Das GHG kann entscheidend dazu beitragen, die Prognose von Herz-Kreislauferkrankungen hierzulande zu verbessern. Dennoch gibt es aus unserer Sicht noch einige zusätzliche Punkte, die wir uns für den finalen Gesetzestext wünschen würden.“
Vor allem die Primär- und Verhältnisprävention finden im GHG noch zu wenig Berücksichtigung. Aus Sicht der DGK ist der Gesetzesentwurf ein guter Anfang, allerdings sollte er nur der Ausgangspunkt für eine umfassende, kardiovaskuläre Gesundheitsstrategie für Deutschland sein und daher ganz besonders von den folgenden Maßnahmen flankiert werden:
- Das Problem des Tabakkonsums muss klarer adressiert werden und mehr Maßnahmen ergriffen werden, um den Tabakkonsum drastisch zurückzudrängen.
- Konsequente Lebensstilmodifikation sollte bereits im Kindesalter, idealerweise im Schulunterricht integriert beginnen. Hierzu gehört Aufklärungsarbeit zur Schädlichkeit von bestimmten Nahrungsmitteln, gesundes Schulessen und Förderung eines aktiven Lebensstils.
- Realisierung von Maßnahmen zur Steigerung der Laienreanimationsquote. Allein durch konsequente und richtige Herzdruckmassagen durch Laien zur Überbrückung der Zeit, bis der Rettungsdienst eintrifft, ließen sich 10.000 Menschen pro Jahr zusätzlich retten.
Download der StellungnahmeExterner Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.
Quelle: Pressemeldung vom 29. Juli 2024Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.