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 - Herzmedizin IQWiG-Analyse: (Herz-)Check-ups besser gestalten

Ein Rapid Report des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zeigt, dass jene Personen, die am meisten von der allgemeinen Gesundheitsuntersuchung profitieren könnten, diesen „Check-up“ nur selten nutzen. Die HERZMEDIZIN-Redaktion berichtet, was das IQWiG zur Verbesserung empfiehlt und ob sich daraus bereits für die geplanten Herz-Check-ups lernen lässt. Mit einer Stellungnahme vom Past-President der DGK, Prof. Stephan Baldus.

ArtikelDüsseldorf, 11.07.2024

© AdobeStock @familylifestyle Seit 1989 haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf einen regelmäßigen Check-up zur Früherkennung gesundheitlicher Risiken und zur Prävention häufiger Krankheiten. Versicherte können im Alter von 18 bis 34 Jahren einmalig und ab 35 Jahren alle 3 Jahre die Gesundheitsuntersuchung in Anspruch nehmen.

Gemäß der IQWiG-Analyse im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) nutzen etwa 77 % der 50-jährigen Männer und 85 % der 50-jährigen Frauen in Deutschland mindestens 1-mal innerhalb von 10 Jahren den Check-up. Obwohl für die Ansprache hierzulande kein spezielles Einladungsverfahren erfolgt, ist die Teilnahme – meist über die Hausarztpraxis – auf ähnlichem Niveau wie in Großbritannien oder Österreich, die Einladungen verwenden.

Risikogruppen besser erreichen

Die Nutzung des Angebots variiert. Gruppen, die höhere Gesundheitsrisiken haben und die das ambulante Versorgungssystem weniger nutzen, werden seltener erreicht. Dazu gehören Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status, Personen – insbesondere Männer – mit Hinweisen auf gesundheitliche Risiken (Nikotinkonsum, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung) oder die ihren Gesundheitszustand als mittelmäßig oder schlecht einschätzen, sowie Menschen, die nach Deutschland zugewandert sind.

Das IQWiG empfiehlt verschiedene Verbesserungsmaßnahmen, darunter:

  • Ausbau eines zielgruppenspezifischen Informationsangebotes zu Relevanz, Ziel, Ablauf und Konsequenzen des Check-ups
  • Bereitstellung kombinierbarer Informationen für Webseiten und Social Media sowie als Printprodukte; Nutzung zielgruppenspezifischer Informationsformate und -kanäle, zum Beispiel audiovisuelle Formate für Jüngere und Menschen mit Leseproblemen
  • Bereitstellung von Informationen in verschiedenen Sprachen
  • Organisatorisch: wohnortnahe Angebote, Unterstützung bei Terminvereinbarung und sprachlichem Verständnis
  • Begleitende Evaluation von Maßnahmen und evidenzbasierte Standardisierung des Untersuchungskatalogs der Check-ups, da das Angebot von Praxis zu Praxis variiert und Unklarheiten zum gesundheitlichen Nutzen bestehen

Gesundes-Herz-Gesetz: Learnings für die geplanten Herz-Check-ups?

Die Ergebnisse der IQWiG-Analyse zur allgemeinen Gesundheitsuntersuchung könnten auch interessant sein für die geplanten Herz-Check-ups im Rahmen des Gesundes-Herz-Gesetzes. Das Gesetz könnte laut Medienberichten im 3. Quartal 2025 in Kraft treten. Bundeskanzleramt sowie Wirtschafts- und Finanzministerium hätten dem Entwurf schon zugestimmt.

Neben der Ausweitung der Erstattungsfähigkeit von Medikamenten zur Rauchentwöhnung und von Statinen sieht der Gesetzesentwurf Gutscheine für Herz-Check-ups im Alter von 25, 35 und 50 Jahren vor. In Arztpraxen und Apotheken werde auf Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen getestet. Außerdem sollen weitere Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Alkohol und Rauchen erfasst werden. Darüber hinaus ist geplant, im Rahmen der U9 eine Untersuchung zur Früherkennung von Fettstoffwechsel-Erkrankungen im Kindesalter einzuführen. Zusätzlich sollen Risikofaktoren mittels Fragebögen erfasst werden. Auch eine Aufklärung über Risikofaktoren wie Rauchen bei der J1-Untersuchung (12 bis 14 Jahre) ist vorgesehen.

Das BMG erhofft sich vier Jahre nach Inkrafttreten Einsparungen von rund 510 Millionen Euro pro Jahr aufgrund der besseren Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der dadurch reduzierten Morbidität.

Stellungnahme Prof. Stephan Baldus

Aus Sicht der Nationalen Herz-Allianz und der damit beteiligten Fachgesellschaften ist die Analyse des IQWiG eine wichtige Bestärkung der Initiative des Bundesgesundheitsministeriums, ein entsprechendes Gesetz zur Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit und insbesondere präventiver Früherkennungsmaßnahmen für Deutschland zu initiieren.

Auch das IQWiG berücksichtigt in seiner Analyse, dass nur ein geringer Anteil der zu behandelnden Patientinnen und Patienten in Deutschland die empfohlenen Cholesterin-Zielwerte erreichen, dass Deutschland leider weiterhin unter den führenden Nationen geführt wird, wenn es um Nikotinkonsum insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht und wir in Deutschland immer noch kein Programm haben für die Detektion von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Fettstoffwechselstörungen. Die Korrektur dieser Defizite scheinen insgesamt leicht erreichbare Ziele zu sein, nur müssen die wichtigen Zielgruppen, insbesondere Bevölkerungsgruppen mit niedrigem sozioökonomischen Status und ausländischer Herkunft besser erreicht werden als in der Vergangenheit. Auch in diese Richtung wird das neue Gesetz zielen, wobei insbesondere das im Aufbau befindliche Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung (BIPAM) hier eine wichtige Rolle übernehmen könnte. So muss es darum gehen, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit solcher Untersuchungen auch bei einer Sprachbarriere und geringem Bewusstsein für diese Erkrankungen in der Bevölkerung zu schaffen. Ganz wesentlich wird darüber hinaus sein, auf motivierende Weise die Gefahr, die von Herz- Kreislauf-Erkrankungen ausgeht, zu transportieren.

Insofern unterstützt die Nationale Herz-Allianz die Ambitionen des Bundesministeriums für ein entsprechendes Gesetz und sieht hier die große Chance, einen signifikanten Fortschritt zu besserer Herz-Kreislauf-Gesundheit in Deutschland zu erzielen. Aufgabe der Nationalen Herz-Allianz wird dann sein, auf die fraglos noch existenten Defizite in der Forschungsunterstützung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinzuweisen und auch der Bevölkerung deutlich zu machen, dass ein solches auf Prävention und Früherkennung ausgerichtetes Gesetz nur der erste Schritt sein kann, die Vielzahl der z. B. genetisch verantworteten und nicht durch präventive Maßnahmen modulierbaren Erkrankungen durch stärkere Forschungsunterstützung zu adressieren.

Zur Person: Prof. Stephan Baldus ist seit 2012 Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin am Herzzentrum der Universität zu Köln. Er ist Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) (2023 – 2025). Zudem ist er bei der DGK Koordinator für die Nationale Herz-Allianz (NHA) sowie für die Arbeitsgruppen innerhalb der Programmkommission.

Quelle: HERZMEDIZIN.de vom 5. Juli 2024Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.

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