- Schultergelenk Schulterprothese: Implantationserfolg hängt von der richtigen Indikation ab
ArtikelFreiburg, 14.09.2021
Sich selbst die Haare kämmen, eine Gabel zum Mund führen oder einen Apfel pflücken – die Schultern sind bei fast jeder Alltagstätigkeit im Einsatz. Entsprechend groß ist der Leidensdruck, wenn ihre Funktion etwa durch eine Arthrose schmerzhaft eingeschränkt ist. Helfen Physiotherapie und Schmerzmedikation nicht mehr, kann eine Schulterprothese als letzte Option zum Einsatz kommen. Die Wahl des Schulterprothesentyps sollte sich nach Alter, Knochenqualität, Ausmaß der Zerstörung des Muskel-Sehnen-Apparats und der körperlichen Aktivität der Patientinnen und Patienten richten, sagt die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik. Dabei gelte es auch, den richtigen Zeitpunkt der Implantation zu treffen: nicht zu früh, aber doch so rechtzeitig, dass noch eine schmerzfreie und gute Schultergelenksfunktion über viele Jahre zuverlässig erzielt werden kann.
Bei der Schultergelenksarthrose handelt es sich um einen fortschreitenden Gelenkverschleiß zwischen dem Oberarmkopf und der Schultergelenkspfanne. Vor allem ältere Menschen sind betroffen. „Ihre Knorpel sind dann oft derart abgerieben oder defekt, dass Knochen auf Knochen reibt“, sagt Professor Dr. med. Lars-Johannes Lehmann, Direktor der Klinik für Unfall-, Handchirurgie und Sportmedizin in den ViDia Kliniken, Karlsruhe. Dies verursacht große Schmerzen und kann Bewegungen unmöglich machen. Nun droht ein Teufelskreis: Je weniger die Schulter bewegt wird, desto mehr kann sie irreversibel versteifen, da auch der umgebende Muskel- und Sehnenapparat verkümmert. Dieser Versteifung vorzubeugen und die maximal mögliche Beweglichkeit sowie Schmerzfreiheit zurückzugewinnen, sind wichtige Ziele einer Schulterprothese.
Das Schultergelenk ist kein gewichttragendes Gelenk. „Deshalb überrascht es nicht, dass die sogenannte Omarthrose, Arthrose des Schultergelenks, seltener mit einer Prothese versorgt werden muss als etwa die Hüft- oder Kniearthrose“, sagt Lehmann. Nichtsdestotrotz nimmt die Implantation von Schulterendoprothesen in den letzten Jahren zu. Ärztinnen und Ärzte „bauen“ in Deutschland etwa 30.000 Schulterprothesen pro Jahr ein. Dabei stehen grundsätzlich zwei verschiedene Typen zur Auswahl. „Bei der Auswahl des Implantates richtet man sich insbesondere nach dem aktuellen Zustand des Gelenkes.“ Das bedeutet, dass bei noch gut erhaltener Knochensituation des Oberarmkopfes und der Gelenkpfanne sowie gutem Zustand der Sehnen eine „anatomische Lösung“ erfolgt - dabei werden der Oberarmkopf durch eine gleich große Metalloberfläche und die Gelenkpfanne durch einen Polyethylen-Einsatz ersetzt. Bei fortgeschrittener Zerstörung der Knochenstruktur und bei stark beschädigtem Muskel-Sehnen-Apparat ist - insbesondere bei älteren Patienten - die Implantation einer sogenannten „inversen Schulterprothese“ sinnvoll. „Sowohl die anatomischen als auch die inversen Schulterendoprothesensysteme weisen zuverlässig gute klinische und radiologische Ergebnisse auf, sagt der Orthopäde und Unfallchirurg. „Wir haben mittlerweile validierte Langzeitdaten von mehr als 20 Jahren in internationalen Registern für beide Typen.“.
Er fasst zusammen: „Bei anhaltenden Beschwerden am Schultergelenk ist eine regelmäßige ärztliche Verlaufskontrolle wichtig. Die korrekte Analyse von Beschwerden, radiologischer Diagnostik und Risikofaktoren ist Voraussetzung für eine patientenindividuelle Entscheidung. Wir sollten den Zeitpunkt, an dem eine langfristig erfolgreiche Prothesenversorgung noch möglich ist, nicht verpassen“, so Lehmann. Professor Dr. med. Karl-Dieter Heller, Präsident der AE, Ärztlicher Direktor des Herzogin Elisabeth Hospitals Braunschweig und Chefarzt der Orthopädischen Klinik betont: „Da die Schulter nur vergleichsweise selten mit einer Prothese versorgt werden muss, ist es besonders wichtig, bei der Wahl des Operateurs auf eine ausreichende Spezialisierung und Erfahrung zu achten.“.
Die AE – Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik e. V. verfolgt als unabhängiger Verein seit 1996 das Ziel, die Lebensqualität von Patienten mit Gelenkerkrankungen und -verletzungen nachhaltig zu verbessern und deren Mobilität wiederherzustellen. Mit ihren Expertenteams aus führenden Orthopäden und Unfallchirurgen organisiert sie die Fortbildung von Ärzten und OP-Personal, entwickelt Patienteninformationen und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Die AE ist eine Sektion der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (DGOU).Quelle: Pressemeldung de AE vom 9. September 2021Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.