- Adipositas Lancet-Studie: Zahl der Adipositas-Betroffenen stark gestiegen
ArtikelGenf
Die Zahl der Menschen mit Adipositas ist rasant gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine im The Lancet publizierte Studie (2024; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)02750-2), über die das Deutsche Ärzteblatt Online berichtet. Weltweit waren der Studie zufolge 2022 mehr als eine Milliarde Menschen betroffen. Der Anteil der stark Übergewichtigen an der Bevölkerung habe sich seit 1990 mehr als verdoppelt, unter Heranwachsenden zwischen 5 und 19 Jahren sogar vervierfacht, berichten die Autorinnen und Autoren von NCD Risk Factor Collaboration (NCD-RisC), einem Netzwerk von Gesundheitswissenschaftlern.
In einigen wohlhabenden Ländern und bestimmten Bevölkerungs- und Altersgruppen erreiche die Zahl inzwischen ein Plateau oder sinke leicht, sagte Majid Ezzati vom Imperial College in London, etwa bei Frauen in Spanien und Frankreich. Die genauen Gründe dafür herauszufinden war nicht Teil der Analyse.
In Deutschland lag der Anteil bei Frauen mit Adipositas nach dieser Studie 2022 bei 19 %, was Platz 137 in der Länderliste entsprach. Nummer 1 auf der Liste und damit am schlimmsten betroffen ist hier Tonga mit 81 %. Bei Männern lag der Anteil in Deutschland bei 23 % (Platz 80). Hier ist der Inselstaat Amerikanisch-Samoa mit 70 % Adipositasanteil unter Männern auf Listenplatz 1. Unter den Mädchen und Frauen bis 19 Jahren lag der Anteil in Deutschland bei 7 % (119. Platz), bei Jungen und jungen Männern bei 10 % (111. Platz). Definiert war Adipositas ab einem BMI von 30 kg/m2 .
„In der Vergangenheit neigten wir dazu, Fettleibigkeit als ein Problem der reichen Länder zu betrachten, jetzt ist es ein globales Problem“, betonte WHO-Experte Francesco Branca, Direktor für Ernährung bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Insgesamt waren 880 Millionen Erwachsene und 159 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 19 Jahren stark übergewichtig. 9,3 % der Jungen galten 2022 als adipös, 6,9 % der Mädchen. Bei Erwachsenen verdoppelte sich der Anteil bei Frauen seit 1990 auf 18,5 %, und er verdreifachte sich bei Männern auf 14 %.
Nach Angaben des WHO-Experten Branca ist die symbolische Marke von einer Milliarde viel früher überschritten worden, als erwartet. Zwar hätten Medizinerinnen und Mediziner bereits damit gerechnet, dass sich das Problem von Übergewicht verschärfen werde, mit mehr als einer Milliarde Betroffenen war jedoch erst im Jahr 2030 gerechnet worden.
WHO Empfehlungen zur Adipositas-Prävention
Adipositas könne durch gute Ernährung und Bewegung von Kindesbeinen an vorgebeugt werden, berichtete die WHO in Genf, die an der Studie beteiligt war. Regierungen sollten dafür sorgen, dass besonders salz-, fett- oder zuckerhaltige Nahrungsmittel und Getränke nicht in der Nähe von Schulen verkauft werden und dass Reklame dafür, die sich an Kinder richtet, eingeschränkt wird. Sie sollten zudem Kampagnen über die Vorteile guter Ernährung und sportlicher Betätigung fahren. Die WHO räumte ein, dass gute Ernährung teuer sein kann. Nach Ansicht von Fachleuten können zudem neue Therapien gegen Diabetes zur Bekämpfung von Adipositas beitragen.
Die insgesamt höchsten Adipositasraten gab es in Inselstaaten im Pazifik wie Niue, Tonga und Amerikanisch-Samoa mit teils über 60 %. In den Top Ten waren in einzelnen Kategorien auch Katar, Ägypten, Chile und die USA. Die niedrigsten Raten verzeichneten Madagaskar, Burkina Faso, Vietnam und Äthiopien. Rasant war der Anstieg unter anderem in den USA: Der Anteil der Frauen mit Adipositas stieg von 21,2 % 1990 auf 43,8 % 2022, bei den Männern stieg der Anteil von 16,9 % auf 41,6 %.
Die andere Seite des Ernährungsproblems: Gleichzeitig seien weltweit auch hunderte Millionen Menschen weiter von Mangel- und Unterernährung betroffen, heißt es in der Studie, vor allem in Ländern in Südostasien und in Afrika südlich der Sahara. Unterernährung sei für die Hälfte aller Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren verantwortlich. Starkes Übergewicht und Unterernährung seien 2 Seiten desselben Problems: schlechter Ernährung, so die WHO.
Um zu ihren Schätzungen zu gelangen, hatte das Studienteam in Zusammenarbeit mit der WHO in rund 190 Ländern Angaben zu Gewicht und Größe von mehr als 220 Millionen Menschen analysiert.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt Online vom 1. März 2024Externer Link. Öffnet im neuen Fenster/Tab.