- Adipositas Adipositas-OP: Schlauchmagen reduziert bei adipösen Menschen das Gewicht höchst effizient ÄrzteZeitung Online vom 15. Oktober 2021
ArtikelAnn Arbor, 19.10.2021
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Mit der Anlage eines Schlauchmagens lässt sich bei adipösen Menschen das Gewicht höchst effizient reduzieren. Was bislang fehlte, waren aber Daten zur langfristigen Sicherheit des Eingriffs, vor allem im Vergleich zu dem ebenfalls häufig genutzten Magenbypass. Eine neue Studie zeigt: Die Schlauchmagen-OP ist im Hinblick auf Mortalität und Komplikationen offenbar auch noch nach fünf Jahren dem Magenbypass überlegen. Trotzdem dürfte die Entscheidung in vielen Fällen nicht einfach sein, berichtet ÄrzteZeitung Online.
Mit der Anlage eines Schlauchmagens lässt sich bei adipösen Menschen das Gewicht höchst effizient reduzieren. Was bislang fehlte, waren aber Daten zur langfristigen Sicherheit des Eingriffs, vor allem im Vergleich zu dem ebenfalls häufig genutzten Magenbypass.
Diese Lücke schließt nun eine Kohortenstudie mit 95.405 Adipösen, vorgelegt von einem Team der Universität Michigan (JAMA Surg 2021; online 6. Oktober). Über einen Zeitraum von fünf Jahren, so das Ergebnis, punktete die laparoskopische Schlauchmagen-Op mit geringerer Mortalität, weniger Komplikationen und insgesamt weniger erneuten Eingriffen als nach einem ebenfalls laparoskopisch angelegten Roux-en-Y-Magenbypass. Revisionseingriffe am Magen, und darin besteht der Nachteil, wurden allerdings nach Anlage eines Schlauchmagens häufiger durchgeführt als nach Bypass-Operationen.
Vorteile mit Schlauchmagen
Laut Dr. Ryan Howard und seinem Team hatten sich unter den Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern in den Jahren zwischen 2012 und 2018 genau 57.003 einer Schlauchmagen- und 38.402 einer Magenbypass-Op unterzogen, der Altersdurchschnitt war etwa gleich (57 beziehungsweise 56 Jahre). Dabei war der Anteil derjenigen, die sich für den Schlauchmagen entschieden, im Lauf der Studie deutlich gestiegen, von anfänglich knapp 6 Prozent auf über 71 Prozent zum Studienende.
540 weniger Todesfälle wären Berechnungen der Forscherinnen und Forscher zufolge im Studienzeitraum von fünf Jahren aufgetreten, wenn alle Teilnehmenden einen Schlauchmagen erhalten hätten.Die Mortalitätsdaten wurden nach einem, drei und fünf Jahren erhoben. Zu allen drei Zeitpunkten waren diejenigen mit Schlauchmagen im Vorteil mit Raten von 1,1 Prozent, 2,6 Prozent und 4,3 Prozent, verglichen mit 1,5 Prozent, 3,5 Prozent und 5,7 Prozent nach Magenbypass. Ähnliches galt für Komplikationen wie Anastomosenlecks, Blutungen, Wundkomplikationen, Thromboembolien oder neurologische Probleme: Davon waren im ersten Jahr rund 11 Prozent vs. fast 15 Prozent betroffen, nach fünf Jahren 22 Prozent vs. 29 Prozent.
Häufiger Revisionseingriffe nötig
Wenngleich erneute Eingriffe jedweder Art – neben Reoperationen auch enterale oder Gefäßzugänge – bei Schlauchmagenpatientinnen und -patienten seltener notwendig wurden, waren Letztere speziell beim Revisionsrisiko im Nachteil: Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb von fünf Jahren erneut am Magen operiert zu werden, sei es als Umstieg auf einen Magenbypass, als Gastrektomie oder auch nur in Form einer Anastomosenrevision, war fast 3,5-Mal höher als nach Magenbypass. Die kumulativen Raten lagen nach fünf Jahren bei 2,9 Prozent vs 1,5 Prozent. Und auch reparaturbedürftige paraösophageale Hernien hatten sich in der Schlauchmagengruppe häufiger gebildet.
Bei der Entscheidung über die Art des Eingriffs könnten die Erkenntnisse aus der vorliegenden Studie helfen. „Der höhere Bedarf nach Revisionseingriffen bleibt ein potenzieller Nachteil der Schlauchgastrektomie“, so Howard und sein Team. Dies könnte darauf hindeuten, dass ein Magenbypass, obwohl mit höheren Risiken verbunden, langfristig die effektivere Methode mit Blick auf die Gewichtsreduktion sei.
Dem stehe jedoch der Mortalitätsunterschied von relativen 33 Prozent zugunsten des Schlauchmagens entgegen, der den Forscherinnen und Forschern zufolge einer Number Needed to Harm (NNH) von 71 entspricht. „Hätten alle Teilnehmenden einen Schlauchmagen erhalten, wären in fünf Jahren rund 540 weniger Todesfälle eingetreten“, rechnet das Team vor. Das liege wahrscheinlich in erster Linie an den doch relativ häufigen Komplikationen nach Magenbypass.