- Körperstolz Patientengeschichte Claudia Weber
Artikel17.05.2018
Claudia Weber (53) liebt es, Sport im Freien zu treiben, und hat sich vor einigen Jahren mit einem Kleinunternehmen für Berufsbekleidung selbstständig gemacht. 2009 wurde bei ihr eine Hüftdysplasie festgestellt. Für eine Hüftprothese entschied sie sich erst 8 Jahre später – als die Schmerzen unerträglich wurden und ihr Leben viel zu stark beeinträchtigten. Heute weiß sie „schon gar nicht mehr“, dass sie „mal solche Schmerzen hatte“. Sie ist wieder schmerzfrei und sportlich aktiv. Frau Weber möchte anderen Menschen helfen, so positiv wie sie mit einer solchen Operation umzugehen. Deshalb nimmt sie an der Kampagne „Körperstolz“ teil.
Was macht Ihnen Freude, Frau Weber?
Ich liebe es, in die Berge zu fahren und mich dort zu bewegen oder am Starnberger See zu sein. Also mein Leben zu genießen und wieder alles mit meiner Familie unternehmen zu können, ohne dass ich sagen muss: „Ich schaffe es körperlich nicht.“ Meine große Leidenschaft ist Skifahren, aber ich liebe auch Wandern, Mountainbiken, Nordic Walking, Golfen, Schwimmen... Seit zwei Jahren spiele ich Klavier, was mittlerweile auch zu einer Leidenschaft geworden ist.
Wie kam es dazu, dass Sie ein künstliches Hüftgelenk brauchten?
Mein Hüftproblem habe ich durch Zufall entdeckt. Im Jahr 2000 hatte ich eine Knieverletzung beim Skifahren und 2009 traten im Zuge einer weiteren Knie-arthroskopie die ersten Schmerzen in der linken Hüfte auf. Bei Untersuchungen hat sich herausgestellt, dass ich eine Dysplasie habe – also eine angeborene Fehlstellung der Hüfte – und ich früher oder später ein künstliches Hüftgelenk brauche. Je nach Belastung sollte meine Hüfte noch 1 bis 15 Jahre halten.
Wie war der Weg bis zur Entscheidung, sich operieren zu lassen?
Anfangs habe ich die Schmerzen ausgehalten und vieles ausprobiert. 2015 habe ich eine Spritzkur mit Hyaluronsäure erhalten, die aber keinen wirklichen Erfolg brachte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon Probleme beim Treppensteigen und Anziehen von Strümpfen oder Schuhen. Sport war kaum mehr möglich. Anfang 2016 konnte ich dann nur noch mithilfe von Schmerztabletten schlafen. Meine Lebensqualität war so stark eingeschränkt und meine Familie musste ständig zurückstecken, da ich nicht mehr sehr aktiv sein konnte. Was eine Operation angeht, ist man natürlich hin- und hergerissen. Jedoch wenn du den ganzen Tag über nur Schmerzen hast und nachts nicht mehr schlafen kannst, kommt irgendwann der Punkt, an dem du dir sagst: „Ok, ich mache es jetzt, so geht es wirklich nicht mehr.“ Schließlich habe ich mich zur OP entschlossen und mir einen Zeitpunkt ausgesucht, der für mich und meine Familie gut passte: Juni 2017.
Im Sommer 2017 sind Sie also operiert worden. Wie ging es dann mit Reha und Physiotherapie weiter?
Ich wurde sieben Tage nach der OP aus dem Krankenhaus entlassen und bin im Anschluss für drei Wochen an den Tegernsee zur Reha. Das neue, künstliche Gelenk kann man von Anfang an belasten. In der Reha wird die Muskulatur mit verschiedenen Übungen wieder aufgebaut: In dieser Phase muss man natürlich vorsichtig und geduldig sein. Man merkt aber auch, dass immer mehr möglich wird, ohne dass es wehtut. Nach zwei Wochen Reha konnte ich schon sehr gut ohne Krücken laufen und vor allem: Ich hatte keine Schmerzen! Ich war so glücklich! Und nach der dritten Woche bin ich ohne Krücken nach Hause „marschiert“. Wahnsinn! Danach kam die Physiotherapie beim örtlichen Therapeuten. Ich war insgesamt ein halbes Jahr in Behandlung.
Was hat Sie bei der Reha motiviert?
Oh, ich war sehr motiviert. Ich bin von Natur aus ein positiver Mensch und habe mich richtig gefreut, wieder etwas für mich und meinen Körper zu tun. Diese positive Einstellung ist enorm wichtig, sie hilft einem weiter.
Bei Ihnen wurde eine Kurzschaftprothese implantiert, was auch mit Ihrem Alter zusammenhängt. Wie oft wird eine Hüftprothese gewechselt?
Da eine Prothese in der Regel 15 bis 20 Jahre hält, muss das künstliche Hüftgelenk bei jüngeren Patienten nochmals ausgetauscht werden. Dies wird bei der Erstimplantation berücksichtigt: Für eine Kurzschaftprothese muss weniger Knochensubstanz entfernt werden, dementsprechend bleibt mehr Knochensubstanz zur Verankerung der Nachfolgeprothese zur Verfügung.
Wie hatte sich die Krankheit auf Ihren Alltag ausgewirkt und was ermöglicht Ihnen die Prothese wieder?
Treppen steigen, sitzen oder Schuhe binden – das alles war ohne Schmerzen gar nicht mehr möglich. Um ins Auto zu steigen, musste ich mein Bein mit den Händen am Oberschenkel umfassen und ins Auto „heben“. Wie schon angesprochen, musste meine Familie sehr oft auf mich Rücksicht nehmen: Dies konnten wir nicht mehr machen und jenes ging auch nicht mehr... Seit der OP ist das zum Glück vorbei – und zwar so, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, wie ich die Schmerzen und meine Inaktivität früher ausgehalten habe. Jetzt kann ich alles wieder machen. Ich wurde Ende Juni 2017 operiert und nicht einmal ein halbes Jahr später durfte ich wieder Ski fahren – ich bin wieder schmerzfrei aktiv!
Gibt es denn Sportarten, die Sie mit der Hüftprothese lieber vermeiden sollten?
Was mir nicht guttut, ist das sehr schnelle Treten bei geringem Widerstand beim Spinning. Ich habe gespürt, wie meine Hüfte ein paar Mal richtig warm wurde. In einer Studie mit Rennradfahrern hat man tatsächlich gemessen, dass sich das künstliche Gelenk erhitzen kann. Bei solchen Dingen heißt es: lieber nicht machen, denn es könnten Verformungen auftreten. Bei Stoßbewegungen verhält es sich auch so: Joggen oder Tennis sollten deswegen vermieden werden. Schlittschuh laufen werde ich wieder im kommenden Winter, da man ein bisserl Angst vor einem Sturz aufs harte Eis hat. Zum Glück ich kann wieder so viele tolle Sportarten betreiben: Skifahren, Mountainbiken, Wandern, Schwimmen, Golfen, Nordic Walking... Dass ich einige Sportarten nicht mehr betreiben soll, stört mich nicht.
Müssen Sie sonst im Alltag auf etwas aufpassen?
Es gibt Bewegungen, die man vermeiden sollte. Beim Sitzen sollte man die Beine nicht überkreuzen – d.h. nicht das Bein, auf dessen Seite die Prothese implantiert ist. Statt in die Hocke zu gehen, sollte man sich lieber hinknien. Das sind im Grunde Verhaltensmuster, die man sich in der ersten Zeit nach der OP bewusst an- und abgewöhnen muss. Aber bald geht das automatisch.
Alles in allem: Wie würden Sie Ihre Lebensqualität beschreiben?
Das kann ich sehr kurz zusammenfassen: Mir geht es super, ich könnte vor Freude die Welt umarmen! Es ist so, als wäre nie etwas gewesen. Die ganzen Jahre der Schmerzen kann ich einfach aus meinem Leben streichen. Beim Arbeiten oder in der Freizeit – vor der OP habe ich die kleinste Bewegung gemerkt. Seit der OP habe ich keine Schmerzen mehr und das künstliche Gelenk spüre ich auch nicht.
Warum nehmen Sie an der Kampagne „Körperstolz“ teil?
Ich möchte der ganzen Welt sagen, wie toll es einem wieder gehen kann, wenn man die Möglichkeit hat, sich so ein „Ersatzteil“ einbauen zu lassen. Ich möchte anderen die Angst nehmen, damit sie die OP positiv angehen können. Ich möchte, dass sie sich sagen können: “Super, ich bekomme eine neue Hüfte und dann kann ich wieder aktiv sein!” statt “Oje, ich brauche eine neue Hüfte.“
Welchen Ratschlag würden Sie anderen Betroffenen geben?
Grundsätzlich ist es wichtig, dass der Patient seine Entscheidung für die OP aus Überzeugung trifft. Skepsis ist für die Motivation und letztendlich den Ausgang der Reha und Physiotherapie immer schlecht. Dafür muss man auch den richtigen Arzt haben, der einen nicht zur OP drängt, sondern sagt: „Sie entscheiden, wann Sie es machen wollen. Ich dränge Sie nur, wenn es wirklich Zeit wird, damit keine langfristigen Schäden entstehen.“ Man muss in seinen Körper hineinhören und erkennen, wann der Zeitpunkt erreicht ist. Das Wichtigste für den Ausgang der OP ist: Man muss davon überzeugt sein, dass man das Richtige für seinen Körper tut!
Wie würden Sie den Satz beenden: „Ich bin stolz auf meinen Körper, weil...“
... er mir genau zum richtigen Zeitpunkt signalisiert hat: “Jetzt ist es so weit.” Und ich bin stolz, dass mein Körper wieder alles so machen kann, wie ich es mir gewünscht habe!